Bei Corona kann es keine totale Sicherheit geben
Schulchaos, Verunsicherung im Land: alles hausgemacht. Dennoch müssen wir einen Weg finden, um nicht täglich in Schockstarre zu verfallen.
Glücklich, wer verschont geblieben ist von dem Tsunami an Verunsicherung und Aufgeregtheit, der angesichts der stark gestiegenen Infektionszahlen gerade das Land überrollt. Vor allem die Schulen. Tagelanges Warten auf Testergebnisse trieb Lehrer und Eltern mitunter an den Rand der Verzweiflung.
Wer muss wann in Quarantäne? Warum müssen bei Verdacht nicht alle daheimbleiben? Wie ist das mit Geschwistern? Wie die ausfallenden Lehrer ersetzen? Und wie die Kontakte nach vielen Tagen des Wartens zurückverfolgen, wenn ein Fall bestätigt wird? Klare Antworten gab es kaum. Viele Direktorinnen und Direktoren waren auf sich allein gestellt.
Dabei hätte die Situation nicht derart aus den Fugen geraten müssen. Natürlich gibt es keine Betriebsanleitung für eine Pandemie. Doch das aktuelle Chaos ist hausgemacht. Einerseits, weil Bund und Länder – exemplarisch sei Österreichs einzige Millionenstadt Wien genannt – komplett unterschätzt haben, wie rasant die Infektionszahlen und damit auch die Anfragen bei der Hotline 1450 nach dem Sommer steigen würden. Andererseits, weil die Regierung seit Wochen widersprüchliche Signale aussendet. Da die Ampel auf Grün, dort auf Orange, aber an den Schulen auf Gelb. Da Maske runter, dort Maske rauf. Da Sperrstunde um 22 Uhr, dort nicht. Wer soll sich da noch auskennen? Die viel beschworene Einigkeit war einmal. Dass der Wien-Wahlkampf das Handeln mitbestimmt, trägt nicht zur Beruhigung bei.
Die Politik sollte daher rasch ihre Hausaufgaben erledigen und zurück zu einer Linie finden. In der Schule wurde der erste Schritt getan. Wenn das mit den schnellen und einfachen Gurgeltests so funktioniert wie angekündigt, ist viel gewonnen.
Dennoch: Totale Sicherheit gibt es auch nicht mit den besten Regeln. Ohne das Virus bagatellisieren zu wollen: Wir werden einen Weg finden müssen, damit zu leben, ohne täglich in eine Schockstarre zu verfallen. Nehmen wir die Grundregeln ernst (Maske, Abstand, Hygiene), aber akzeptieren wir, dass ein Restrisiko bleibt. Und vertrauen wir auf die Wissenschaft, die dem Virus täglich näher rückt. Kindergarten- und Volksschulkinder etwa spielen bei der Ausbreitung keine zentrale Rolle. Das war im Frühling noch nicht klar. Und: Wenn Kinder krank werden, sind zu 90 Prozent andere Viren im Spiel als Corona. Das spiegeln auch die Schulen: Neun von zehn Verdachtsfällen waren bisher Fehlalarme. Zum Glück. – Es mehren sich Rufe, dem Virus verstärkt mit einer ernsthaften Gelassenheit zu begegnen. Schön wär’s.