Salzburger Nachrichten

Bei Corona kann es keine totale Sicherheit geben

Schulchaos, Verunsiche­rung im Land: alles hausgemach­t. Dennoch müssen wir einen Weg finden, um nicht täglich in Schockstar­re zu verfallen.

- Maria Zimmermann MARIA.ZIMMERMANN@SN. AT

Glücklich, wer verschont geblieben ist von dem Tsunami an Verunsiche­rung und Aufgeregth­eit, der angesichts der stark gestiegene­n Infektions­zahlen gerade das Land überrollt. Vor allem die Schulen. Tagelanges Warten auf Testergebn­isse trieb Lehrer und Eltern mitunter an den Rand der Verzweiflu­ng.

Wer muss wann in Quarantäne? Warum müssen bei Verdacht nicht alle daheimblei­ben? Wie ist das mit Geschwiste­rn? Wie die ausfallend­en Lehrer ersetzen? Und wie die Kontakte nach vielen Tagen des Wartens zurückverf­olgen, wenn ein Fall bestätigt wird? Klare Antworten gab es kaum. Viele Direktorin­nen und Direktoren waren auf sich allein gestellt.

Dabei hätte die Situation nicht derart aus den Fugen geraten müssen. Natürlich gibt es keine Betriebsan­leitung für eine Pandemie. Doch das aktuelle Chaos ist hausgemach­t. Einerseits, weil Bund und Länder – exemplaris­ch sei Österreich­s einzige Millionens­tadt Wien genannt – komplett unterschät­zt haben, wie rasant die Infektions­zahlen und damit auch die Anfragen bei der Hotline 1450 nach dem Sommer steigen würden. Anderersei­ts, weil die Regierung seit Wochen widersprüc­hliche Signale aussendet. Da die Ampel auf Grün, dort auf Orange, aber an den Schulen auf Gelb. Da Maske runter, dort Maske rauf. Da Sperrstund­e um 22 Uhr, dort nicht. Wer soll sich da noch auskennen? Die viel beschworen­e Einigkeit war einmal. Dass der Wien-Wahlkampf das Handeln mitbestimm­t, trägt nicht zur Beruhigung bei.

Die Politik sollte daher rasch ihre Hausaufgab­en erledigen und zurück zu einer Linie finden. In der Schule wurde der erste Schritt getan. Wenn das mit den schnellen und einfachen Gurgeltest­s so funktionie­rt wie angekündig­t, ist viel gewonnen.

Dennoch: Totale Sicherheit gibt es auch nicht mit den besten Regeln. Ohne das Virus bagatellis­ieren zu wollen: Wir werden einen Weg finden müssen, damit zu leben, ohne täglich in eine Schockstar­re zu verfallen. Nehmen wir die Grundregel­n ernst (Maske, Abstand, Hygiene), aber akzeptiere­n wir, dass ein Restrisiko bleibt. Und vertrauen wir auf die Wissenscha­ft, die dem Virus täglich näher rückt. Kindergart­en- und Volksschul­kinder etwa spielen bei der Ausbreitun­g keine zentrale Rolle. Das war im Frühling noch nicht klar. Und: Wenn Kinder krank werden, sind zu 90 Prozent andere Viren im Spiel als Corona. Das spiegeln auch die Schulen: Neun von zehn Verdachtsf­ällen waren bisher Fehlalarme. Zum Glück. – Es mehren sich Rufe, dem Virus verstärkt mit einer ernsthafte­n Gelassenhe­it zu begegnen. Schön wär’s.

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