Der Tod der Sonne muss nicht unser Ende sein
Ein Forscherteam konnte belegen, dass Planeten auch nach dem Aus ihres Sterns weiterexistieren können. An der wohl richtungsweisenden Entdeckung war eine Salzburgerin maßgeblich beteiligt.
Planeten können nach dem Aus ihres Sterns weiter existieren. An der Entdeckung war eine Salzburgerin maßgeblich beteiligt.
ITHACA, SALZBURG. Auch sonnenähnliche Sterne sterben. Und zwar mit fatalen Folgen: Am Ende ihrer Lebenszeit blähen sie sich zu einem Roten Riesen auf – und verschlingen alle Planeten in ihrer Nähe. Anschließend kollabieren sie zu einem sogenannten Weißen Zwerg.
Für Astronomen galt dieser Ablauf jahrzehntelang als in Stein gemeißelt. Doch nun konnte eine Gruppe von Wissenschaftern erstmals einen intakten Planeten ausfindig machen, der einen Weißen Zwerg umkreist. Die Schlussfolgerung: Planeten können den Tod ihres Sterns überleben.
An dieser wohl richtungsweisenden Entdeckung war mit Lisa Kaltenegger auch eine Salzburgerin beteiligt. Die gebürtige Kuchlerin ist Direktorin des Carl-Sagan-Instituts an der Cornell University in Ithaca, New York. Gemeinsam mit US-Kollegen konnte sie mithilfe von Daten des NASA-Weltraumteleskops TESS einen Gasplaneten ausfindig machen, der den Weißen Zwerg WD 1856+534 alle 1,4 Tage umkreist. Doch wie konnte der Planet den Tod seines Sterns überleben? „Die beste Erklärung ist, dass solche Planeten ursprünglich in weiter Entfernung um den Stern kreisten – und danach näher herankommen“, sagt Kaltenegger im SN-Interview. Wie der
Gasplanet in die nun beobachtete Umlaufbahn kam, ist noch unklar. Es bedeute aber jedenfalls, dass ab einer gewissen Entfernung Planeten das Ende ihres Sterns überleben können. Mehr noch: Man wisse nun auch, „dass wir dort Spuren von Leben – sollte es solches geben – finden könnten“, schildert die Astronomin und Astrophysikerin.
Allein schon aufgrund dieser Erkenntnis könnte die Arbeit von Kaltenegger sogar Auskunft über ein mögliches Ende der Menschheit geben. Denn unsere Sonne wird ebenso zu einem Weißen Zwerg werden, wenngleich wohl erst in rund fünf Milliarden Jahren. „Jetzt stellt sich die Frage, ob auch Felsplaneten wie die Erde den Tod ihres Sterns überleben können. Und ob es dort vielleicht nach wie vor Leben geben könnte.“Ob dem so sein könnte, will die Expertin nicht voraussagen. Man wolle der Frage jedenfalls auf den Grund gehen – und suche nun nach passenden Felsplaneten.
Die Entdeckung Kalteneggers war nicht die einzige, die in Astronomiekreisen in den vergangenen Tagen Wellen schlug. Ein Team um Forscher der Universität Cardiff detektierte in der Atmosphäre unseres Nachbarplaneten Venus das Gas Monophosphan. Die Verbindung aus einem Phosphor- und drei Wasserstoffatomen entsteht auf der Erde vor allem durch biologische Prozesse. Das Ganze kann also als Hinweis auf Leben auf der Venus gedeutet werden. „Die Entdeckung ist interessant“, sagt Kaltenegger. Jedoch kenne man die Venus noch nicht gut genug, um die Erkenntnis als Beweis für außerirdisches Leben auszulegen. Es ist etwa noch nicht belegt, ob das Phosphin tatsächlich biologisch produziert wurde. „Natürlich wäre es die spannendste Erklärung – aber es gibt auch viele nicht biologische.“
Um der Sache besser auf den Grund gehen zu können, brauche es eine Mission zur Venus. Die russische Raumfahrtbehörde hat eine solche bereits in Aussicht gestellt, wenngleich wohl erst zwischen 2027 und 2029. An sich findet Kaltenegger den Gedanken nicht abwegig, dass es außerirdisches Leben gibt. „Wir haben an die 200 Milliarden Sterne in unserer Milchstraße. Ich würde sagen, die Chancen sind gut, dass wir nicht allein sind.“
Kaltenegger will ihre berufliche Laufbahn jedenfalls weiter solchen und ähnlichen Themen widmen. „Ich war immer schon neugierig auf die Welt um mich herum. Und daraus ist dann die Neugierde gewachsen, Antworten zu ungelösten Fragen aufzuspüren.“Diese merkbare Passion zieht sich durch die Vita der 43-Jährigen: Kaltenegger forschte in Harvard und am MaxPlanck-Institut, arbeitete für die NASA. Nach ihr wurde gar ein Asteroid benannt – Kaltenegger3477. Der berufliche Erfolg wird auch in Fachkreisen wahrgenommen: Erst vor Kurzem wurde Kaltenegger von der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft (AAS) zu einer Fred Kavli Plenary Lecturer ernannt. Jährlich geht die Ehrung an lediglich zwei Astronomen, die dann ein AAS-Treffen mit einer Präsentation ihrer Forschungsergebnisse eröffnen dürfen.
Trotz all der Erfolge scheint Kaltenegger den Bezug zu ihrem Herkunftsbundesland nicht verloren zu haben. „Kuchl ist eines meiner Zuhause, das andere ist hier in Ithaca“, sagt sie. Und sie ergänzt: „Ich würde nie ausschließen, dass ich nach Österreich zurückkomme.“Etwa auch, weil selbst ihr US-Umfeld von ihrer Heimat begeistert ist. „Eine Kollegin war gerade in Salzburg – und hat mich danach ganz verwundert gefragt: ,Wieso bist du denn von so einer wunderschönen Stadt weggezogen?‘“
„Die Chancen sind gut, dass wir nicht allein sind.“
Lisa Kaltenegger, Astronomin