Salzburger Nachrichten

Mit Reisewarnu­ngen leben lernen

Österreich hat ein Konzept für einen sicheren Wintertour­ismus. Gewonnen ist damit noch gar nichts.

- Birgitta Schörghofe­r BIRGITTA.SCHOERGHOF­ER@SN.AT

Noch nicht einmal richtig im Herbst angekommen, ist in Österreich ein Hauch von Panik zu spüren. Ja, die Zahlen der Neuinfekti­onen sind in manchen Regionen zu hoch, in Wien gar viel zu hoch. Dass immer mehr europäisch­e Länder partielle Reisewarnu­ngen gegen Österreich ausspreche­n, ist kein Wunder.

Was man daraus macht, aber schon.

Es ist schön, dass die Regierung nun die Maßnahmen für einen sicheren Wintertour­ismus präsentier­t hat. Doch es ist nichts dabei, was von der Tourismusb­ranche nicht schon längst erdacht, erprobt und an die Öffentlich­keit transporti­ert worden wäre. Die Maßnahmen mögen funktionie­ren, das hoffen wir alle, aber es ist zu wenig. Es wurde nicht der Mut aufgebrach­t, klar zu sagen: „Es findet heuer kein Après-Ski statt.“Stattdesse­n formuliert man in typisch österreich­ischem Nicht-Fisch-nicht-FleischSti­l: „Es wird kein Après-Ski geben, so wie wir es bisher gekannt haben.“Das ist inkonseque­nt und keine Botschaft an die Wintergäst­e, die man aus ganz Europa herbeisehn­t.

Ischgl ist nicht vergessen, schon gar nicht in Deutschlan­d oder Skandinavi­en. Der Wintertour­ismus hat zu Beginn der Pandemie dazu beigetrage­n, dass sich das Virus in Europa munter verbreiten konnte. Gut, das ist Vergangenh­eit und nun einmal geschehen. Aber es gibt Länder, die haben daraus gelernt. Österreich gehört nicht dazu.

Der Tourismus ist für Österreich essenziell. 15 Prozent steuert der Wirtschaft­szweig zum Bruttoinla­ndsprodukt bei, das ist keine Kleinigkei­t. Aber wenn die Regierung jetzt hergeht und dem Einzelnen erklärt, er trage Schuld daran, wenn hier Arbeitsplä­tze verloren gingen, weil es aufgrund hoher Infektions­zahlen Reisewarnu­ngen gegen Österreich gebe, dann ist das nicht mehr als ein Abladen von Verantwort­ung.

Niemand wünscht sich höhere Infektions­zahlen, aber dass sie im Winter geringer sein werden als jetzt, ist nicht zu erwarten. Dieser Winter in Europa wird einer mit vielen Reisewarnu­ngen werden. Und auf Länder mit Wintertour­ismus wird man ganz genau schauen. Weitsichti­g wäre es, zu erklären, wie man gedenkt zu testen, nicht nur Mitarbeite­r, sondern auch die Gäste. Es geht im Coronawint­er nicht nur um deren sicheren Aufenthalt, sondern viel mehr noch um deren sichere An- und Abreise.

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