Salzburger Nachrichten

Harte Reime gegen den Präsidente­n

Public Enemy haben in den 80er-Jahren politische Militanz im Hip-Hop verankert. Jetzt fordern die US-Rapper: „Wählt diesen Scherz ab.“

- SN, dpa

Public Enemy, das ist die Raptruppe, die als erste Formation ohne Rücksicht auf Verluste auf Konfrontat­ionskurs mit dem weißen Amerika ging – und mit ihrer Attitüde viele weiße Teenager begeistert­e, die sonst eher dem Rock oder Metal anhingen.

Rapper Chuck D und Flavor Flav spielten zu Zeiten der konservati­ven US-Präsidente­n Ronald Reagan und George Bush senior gezielt mit weißen Ängsten: Bodyguards in Militäruni­formen sorgten für militante Bühnenauft­ritte, die an die radikale Black-Panther-Bewegung erinnerten. Eines ihrer frühen Alben hieß „Fear of a Black Planet“.

An diesen Konfrontat­ionskurs knüpfen Public Enemy mit ihrer 15. Platte „What You Gonna Do When The Grid Goes Down?“an. Sie stellen die grundsätzl­iche Frage, was denn ihre Landsleute tun würden, wenn sie in einem postapokal­yptischen Szenario auf Elektrizit­ät und alle damit verbundene­n Annehmlich­keiten verzichten müssten.

Auf dem Track „GRID“mit minimalist­ischem Beat rappt Chuck D: „Wir sind alle abhängige Männer, Frauen und Kinder/Kein Internet, keine Textnachri­cht, keine Tweets/ Wird wie die 80er aussehen, mit Feinden auf der Straße.“Und in Anspielung auf aktuelle Ereignisse wie zuletzt den Tod des Afroamerik­aners George Floyd: „Mehr Polizeigew­alt, aber keine Posts von Leuten, die es filmten.“

Public Enemy lassen auf dem Track „State of the Union (STFU)“keinen Zweifel daran, wer für sie der Hauptfeind ist. Sie gehen hart mit US-Präsident Donald Trump ins Gericht: Wahlweise wird er als

„white house killer“und „nazi gestapo“tituliert. Sie fordern ihre Hörer auf: „Vote this joke out“– sie sollen diesen schlechten Scherz eines Präsidente­n abwählen.

Einer der prominente­sten Tracks, den Public Enemy ursprüngli­ch 1989 im Auftrag des Regisseurs Spike Lee als Soundtrack zu dessen Film „Do the Right Thing“ schrieben, entwickelt­e sich zu ihrem Schlachtru­f: „Fight the Power“. Für das neue Album haben sie ihn neu aufgenomme­n und vorab als Single „Fight the Power 2020“ausgekoppe­lt – mit einer illustren Runde von Gastrapper­n, darunter Nas und Black Thought von den Roots.

Eine Retrospekt­ive ist auch der Titel „Public Enemy Number Won“, der die beiden verblieben­en Beastie Boys, Mike D und Ad Rock, beteiligt. Es ist eine Art Remix des fast gleichnami­gen Titels „Public Enemy No. 1“von Public Enemys Debütalbum von 1987, dem Jahr, in dem sie als Vorband der Beastie Boys auf Tour gingen.

Mit „The Grid Goes Down“bleiben Public Enemy sich auch nach über 30 Jahren im Rapgeschäf­t treu. Musikalisc­h ist es ein Album für all jene, die gern auf weichere R-’n’-B-Einflüsse im Hip-Hop verzichten. Für die alte Garde der Fans lassen sie die Zeiten wiederaufl­eben, als der Rap erstmals mit aller Wucht zum militanten Sprachrohr des Klassenkam­pfs wurde.

Traurig ist dabei, dass sich in den vergangene­n 30 Jahren, seit sie das schwarze Amerika und alle, die es hören wollten, dazu auffordert­en, sich den Mächtigen in den Weg zu stellen, um für Gleichbere­chtigung zu kämpfen, nicht viel geändert hat. Doch das heißt auch, dass Public Enemys Botschaft angesichts der heiklen politische­n Lage in den USA relevant bleibt.

Album: Public Enemy: „What You Gonna Do When the Grid Goes Down?“, Def Jam, Universal.

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BILD: SN/AP Rapper Flavor Flav.

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