Der Birkenstock-Effekt in der Geldwirtschaft
Endlich wird es schick, sein Geld in den Klimaschutz zu stecken.
Eigentlich ist es ein Wunder, was mit den Birkenstock-Sandalen passiert ist. Und ob Wunder wiederholbar sind, ist fraglich.
Der optimistische Teil der Geschichte begann 1773 mit einem Schuhmacher namens Birkenstock in Deutschland. Die Familie befasst sich mit dem nicht eben sexy Thema der Schuheinlagen und Fußbetten. 1964 erblickte das erste fest verbaute Fußbett als Birkenstock-Sandale das Licht der Welt. Alternative, Väter, Opas, Hippies, Krankenhaus-Personal, das waren lange die verlässlichsten Träger. Es dauerte mehr als 50 Jahre, bis aus dem Gesundheitsschuh ein Fashionartikel wurde und die Absatzzahlen durch die Decke gingen:
„Der Look von 2020? Birkenstöcke und Masken“, titelt das US-Modemagazin „Vogue“. Die klobigen Sandalen wurden laufstegtauglich, von Topmodels zu Kleidern und Hosen getragen. Sie gelten als der Modeschuh schlechthin.
Wie das passieren konnte? Es spielte viel zusammen: die Sturheit, mit der die Birkenstocks über Jahrzehnte bei ihrer Bequemlichkeits-Philosophie geblieben sind, die Internationalisierung des Vertriebs und zuletzt die Zusammenarbeit mit Modedesignern. Den letzten Kick gab dem Schuh die Pandemie: Wer nicht mehr täglich in die Arbeit fährt, sondern zu Hause werkt, darf in Schlapfen bleiben. Vielleicht war es aber auch nur Glück, wie es in seltenen Fällen zuschlägt. Dieses Glück sei auch einem anderen Thema vergönnt: Über Jahrzehnte war es unsexy, sein Geld in Klimaschutz zu stecken, wiewohl man wusste, dass es eigentlich nötig wäre. Grüne Investments waren etwas für eine kleine Gruppe von Weltverbesserern, Optimisten und Wohlhabenden, die nicht auf die Rendite zu schauen brauchten. Nun bahnt sich hier eine Modewelle an. Ein verlässliches Zeichen dafür ist der Risikokapitalmarkt: Zwischen 2013 und 2019 ist das Volumen an Venture Capital für Klimatechnologien fünf Mal so stark gewachsen wie der gesamte Venture-Capital-Markt und hält aktuell sechs Prozent am Gesamtvolumen.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Beratungskonzerns PwC. War es im Silicon Valley lange üblich, bloß in digitale Geschäftsmodelle, in Cloud Computing, künstliche Intelligenz und Plattformwirtschaft zu investieren, die über Nacht aus dem Boden gestampft und rasch zu Geld gemacht werden konnten – man denke an Twitter oder Uber –, wird jetzt mit einem Schlag Climate Tech modern.
Die Laufstegtauglichkeit des einst so sperrigen Themas ist ein gutes Zeichen. Denn die Milliarden aus öffentlichen Geldern, wie sie die EU zuletzt angekündigt hat, werden nicht reichen. Geld der Privaten ist Teil jeder Lösung, um wirklich etwas bewegen zu können.