Bahntunnel: Ein Käfer wird zur neuen Hürde
Naturwissenschafter haben Grubenlaufkäfer beim geplanten Ostportal nahe Köstendorf nachgewiesen. Die ÖBB wollen dem Fund „nachgehen“.
Die schwarzen Tiere sind etwa zwei bis drei Zentimeter groß und leben in feuchten Waldgebieten, wo sie kleine Beutetiere wie Insektenlarven jagen. Der selten gewordene Grubenlaufkäfer ist in der EU-weit geltenden FFH-Richtlinie geschützt. Dieser Status könnte für den Ausbau der Westbahnstrecke zwischen Köstendorf und Salzburg neuerlich zu einem Hindernis werden, nachdem die ÖBB wegen eines Steinkrebsvorkommens ihre Pläne im Auftrag des Verkehrsministeriums bereits erheblich überarbeiten mussten.
Die Bürgerinitiative „Aktion lebenswerter Flachgau“hat nun eine Grubenlaufkäfer-Population in Köstendorf ausfindig gemacht – in einem kleinen Waldstück im Ortsteil Haunharting, das der Tunnelbaustelle weichen
Wenn Köstendorfer scrabbeln . . . soll. Von einem „Sensationsfund“spricht Johanna Sams, die Sprecherin der Initiative. Zwei Naturwissenschafter waren mit einer Bestandserfassung beauftragt worden. „In diesem Wald ist eine Population von mehreren Hundert Käfern zu erwarten“, sagt Jonas Eberle von der Universität Salzburg. Es sei angesichts der
Berücksichtigung der Art in der EU-Richtlinie „absolut notwendig, diese Population zu schützen“.
Laut ÖBB habe es zum Zeitpunkt der eigenen Erhebungen keine Hinweise auf ein Vorkommen gegeben. „Aus unserer Sicht haben wir ein umweltverträgliches Projekt eingereicht.“Man wolle „den im Raum stehenden Käferfunden zeitnahe nachgehen“. Auswirkungen auf die geplanten Erkundungsbohrungen für den Tunnelbau, die im Herbst starten und bis Anfang 2022 stattfinden sollen, sind noch offen. Die ÖBB wollen mit dem Verkehrsministerium klären, ob Bohrungen entfallen müssen oder Schutzmaßnahmen erforderlich sind.
Gishild Schaufler, die Landesumweltanwältin, stuft den Käferfund als „große Hürde“ein. Bohrungen in dem Gebiet seien „jetzt auf jeden Fall nicht möglich“. Denn die ÖBB müssten der Frage nachgehen, „ob durch eine Projektänderung oder eine Umsiedlung vermieden werden kann, dass Tiere getötet oder ihre Fortpflanzungsstätten beeinträchtigt werden“, sagt Schaufler. „Die ÖBB und die Behörde werden sich damit auseinandersetzen müssen, ob man diesen Verbotstatbeständen ausweichen kann bzw. ob man eine Ausnahmebewilligung erreichen kann.“Das werde die Planungen verzögern.
Die Vertreter der Bürgerinitiative sehen die „Chance auf eine Nachdenkpause“, wie Berater Wilfried Rogler meint. Er fordert eine „Diskussion auf Augenhöhe“. Die bisherigen Informationsveranstaltungen der ÖBB hätten ihn an einen „Frontalunterricht“erinnert.