Im Wirtshaus breiten sich Ideen aus
Wie soll in Salzburg 2070 gelebt, gearbeitet und gewohnt werden? Um das zu debattieren, greift die Szene auf ein Begegnungskonzept des Vordenkers Leopold Kohr zurück.
SALZBURG. Auch wenn die Vorstellung seit dem Frühjahr stark in den Hintergrund geraten ist: Aber Gaststätten und andere Orte, an denen sich unterschiedlichste Menschen begegnen können, wurden nicht immer in erster Linie als virologische Problemzonen gesehen. Für den Salzburger Philosophen etwa sei das Wirtshaus einer der wesentlichen Orte des Miteinanders gewesen, erzählt Alfred Winter: „Er sah es als eine wichtige kommunikative Einheit, die für ihn gleich nach der Familie kam.“
Als Alfred Winter in den 1960er-Jahren mit einer Runde engagierter Schüler, Lehrlinge und Studenten begann, Ideen zu wälzen, wie in Salzburg ein junges Kulturleben entstehen könnte, kannte er Leopold Kohr noch nicht. Trotzdem begannen die Zukunftsideen damals im Gasthaus Form anzunehmen. „Wir haben uns erst im Schwarzen Rössl getroffen, später im Höllbräu. Dort haben wir diskutiert, Konzerte und Ausstellungen geplant und die unterschiedlichsten Persönlichkeiten eingeladen“, erzählt Winter. Der junge Udo Jürgens sei der Einladung nach Salzburg ebenso gefolgt wie Otto Habsburg – dessen Vortrag über seine Vorstellung von Europa damals prompt eine Gegen
demonstration auf den Plan gerufen habe.
Was als offene Initiative begann, wurde später eine fixe Institution: Winter gründete das Festival Szene der Jugend, aus dem die Szene Salzburg wurde. Zum 50. Geburtstag, den die Szene im Vorjahr feierte, sollte neben der Rückschau auch der Blick in die Zukunft gepflegt werden. Wo das am besten geht? Im Gasthaus, ist Winter überzeugt. Zum 50-Jahr-Jubiläum brachte er deshalb wiederum den Philosophen Leopold Kohr ins Spiel. „Zu seinen Prinzipien hat es auch gehört, Menschen zusammenzubringen, die sonst vielleicht nie miteinander zu tun haben würden“, sagt der langjährige Leiter der Abteilung für kulturelle Sonderprojekte im Land Salzburg. Nach Kohrs Idee des „Akademischen Wirtshauses“wird deshalb am Samstag über die Zukunft debattiert.
Geplant wäre das Format bereits für März im Müllnerbräu gewesen. Wegen des Corona-Shutdowns musste der Termin im Frühjahr vertagt werden. Zum Auftakt der Herbstsaison und im Szene-Saal findet das „Akademische Wirtshaus“deshalb nun statt. Unter dem Titel „Eine Halbe Zukunft?“werde erörtert, wie die Welt und Salzburg in 50 Jahren aussehen könnten, heißt es im Programm. Mobilität und Verkehr, Wohnen und Leben, Landwirtschaft und Ernährung, Theater und Kunst, Glaube und Spiritualität, Arbeit und Soziales heißen die Themen, über die mit je zwei „Tischpaten“debattiert werden kann. In dieser Funktion sind neben Alfred Winter u. a. Leo Fellinger, Michaela Gründler, Claudia Heu und Sonja Prlić engagiert. Der Eintritt ist frei, die Zahl der Teilnehmer durch die Coronamaßnahmen auf 100 begrenzt. In einer großen Gesprächsrunde sollen die Einzelthemen am Ende des Abends aufgehen.
Auf den Anfang der SzeneGeschichte verweist unterdessen eine Band, die im „Akademischen Wirtshaus“neben HP Falkner von Attwenger einen Auftritt hat: Die Skalden, die sich in den 60er-Jahren im Umfeld von Winters Kulturinitiative formiert hatten, galten lang als Salzburgs große Folk-Pop-Hoffnung, die es sogar bis in die „Show-Chance“des ORF schaffte.
„Ihr Song ,Der Träumer‘ hat eingefangen, was uns damals bewegte“, sagt Winter.
Termin: „Das Akademische Wirtshaus – Eine Halbe Zukunft?“, Samstag, 26. 9., 19 Uhr, Anmeldung: info@szene-salzburg.net