„Es reicht nicht, was wir machen“
Die Corona-Zahlen in Deutschland steigen rasant an. Jetzt sollen Sperrstunde und verschärfte Maskenpflicht den Pandemie-Verlauf drosseln. Der Kanzlerin genügt das nicht.
Eine Ausnahme für die Grenzregion ist geplant
BERLIN. Seit Stunden berieten die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer in Berlin zusammen mit Kanzlerin Angela Merkel über die Corona-Politik, die angesichts der stetig steigenden Corona-Zahlen nun endlich einheitlich daherkommen sollte. Von deutschem Flickenteppich, dem Corona-Wirrwarr oder dem Covid-Chaos war zuletzt die Rede, weil die Corona-Politik von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabt worden war. Das sollte nach dem CoronaGipfel von diesem Mittwoch in Berlin nun endlich besser werden.
Am späten Abend und nach mehr als 7-stündiger Beratung sickerten erste Merkel-Äußerungen an die Öffentlichkeit: „Es reicht einfach nicht, was wir hier machen“, soll die Kanzlerin laut „Bild“frustriert in der Runde geäußert haben. „Die Ergebnisse sind nicht hart genug, dass wir Unheil abwehren.“
Dabei rief Merkel die Regierungschefs nach Monaten extra wieder einmal zu einem Treffen nach Berlin mit verordneter physischer Präsenz.
Damit wollte die Regierungschefin die Dringlichkeit des Corona-Krisengipfels untermauern.
Nach mehrstündiger Beratung einigte sich die Runde auf erste Beschlüsse. So sollen in Regionen mit besonders hohen Corona-Infektionen – Deutschland orientiert sich bei der Bemessung der Risikogebiete am so genannten Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen – Sperrstunden ab 23 Uhr greifen. Ebenfalls einigen konnte sich die Runde auf eine „ergänzende Maskenpflicht“, die bereits dann zum Zuge kommt, wenn in der entsprechenden Region 35 Corona-Fälle auf 100.000 Einwohner registriert werden.
Manche der Beschlüsse erinnern an Zeiten des Lockdowns im Frühjahr, als die Bundesregierung Kontaktbeschränkungen erlassen hatte. Solche kommen nun wieder zum Tragen: Private Feierlichkeiten werden in Corona-Hotspots ab sofort auf maximal zehn Teilnehmer beschränkt, auch im öffentlichen Raum gilt eine Begrenzung von 10 Personen – notfalls dürfen sich gar nur noch fünf Personen im öffentlichen Raum treffen, wenn die Infektionszahlen nicht sinken.
Zu keinem Konsens gekommen ist die Runde in der Frage, ob Menschen, die in deutschen CoronaHotspots wohnen, in anderen Bundesländern ihre Ferien verbringen dürfen. Momentan ist das den meisten Deutschen nämlich nicht erlaubt, nachdem sich das Gros der Regierungschefs Mitte der vergangenen Woche auf ein so genanntes innerdeutsches Beherbergungsverbot geeinigt hatte. Das Verbot traf viele Großstädter just zum Beginn der Herbstferien. Berliner durften plötzlich nicht mehr an die Ostsee reisen – es sei denn, sie konnten einen negativen Corona-Test vorweisen. Etliche Ministerpräsidenten, darunter Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) oder Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Armin Laschet, äußerten scharfe Kritik an dem Beherbergungsverbot.
Zu diesem Thema haben die Gipfel-Teilnehmer ihren Entscheid vertagt – bis zum 8. November, wenn die Herbstferien ohnehin vorbei sind.
Auch im grenzübergreifenden Verkehr dürfte es ab 8. November zu Änderungen kommen. Wer nach Deutschland einreisen möchte und aus Gebieten kommt, die das Robert-Koch-Instituts (RKI) als Risikogebiet eingestuft hat, derzeit etwa Wien, große Teile Vorarlbergs oder Tirol (mit Ausnahme von Jungholz) der muss sich für zehn Tage in Quarantäne begeben. Frühestens nach fünf Tagen kann ein Corona-Test gemacht werden. Fällt dieser negativ aus, werden die Reisenden von der Quarantänen-Pflicht befreit. Eine Ausnahme der neuen Regelung: Österreicher sollen im Grenzgebiet von Bayern für 24 Stunden nach Bayern und zurück reisen können, ohne Test und Quarantäne.
In Deutschland verbreitet sich das Corona-Virus in hohem Tempo. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Mittwoch mehr als 5000 Neuinfektionen an einem Tag – so viele wie seit April nicht mehr.