Salzburger Nachrichten

„Es reicht nicht, was wir machen“

Die Corona-Zahlen in Deutschlan­d steigen rasant an. Jetzt sollen Sperrstund­e und verschärft­e Maskenpfli­cht den Pandemie-Verlauf drosseln. Der Kanzlerin genügt das nicht.

- CHRISTOPH REICHMUTH

Eine Ausnahme für die Grenzregio­n ist geplant

BERLIN. Seit Stunden berieten die Ministerpr­äsidenten der 16 Bundesländ­er in Berlin zusammen mit Kanzlerin Angela Merkel über die Corona-Politik, die angesichts der stetig steigenden Corona-Zahlen nun endlich einheitlic­h daherkomme­n sollte. Von deutschem Flickentep­pich, dem Corona-Wirrwarr oder dem Covid-Chaos war zuletzt die Rede, weil die Corona-Politik von Bundesland zu Bundesland unterschie­dlich gehandhabt worden war. Das sollte nach dem CoronaGipf­el von diesem Mittwoch in Berlin nun endlich besser werden.

Am späten Abend und nach mehr als 7-stündiger Beratung sickerten erste Merkel-Äußerungen an die Öffentlich­keit: „Es reicht einfach nicht, was wir hier machen“, soll die Kanzlerin laut „Bild“frustriert in der Runde geäußert haben. „Die Ergebnisse sind nicht hart genug, dass wir Unheil abwehren.“

Dabei rief Merkel die Regierungs­chefs nach Monaten extra wieder einmal zu einem Treffen nach Berlin mit verordnete­r physischer Präsenz.

Damit wollte die Regierungs­chefin die Dringlichk­eit des Corona-Krisengipf­els untermauer­n.

Nach mehrstündi­ger Beratung einigte sich die Runde auf erste Beschlüsse. So sollen in Regionen mit besonders hohen Corona-Infektione­n – Deutschlan­d orientiert sich bei der Bemessung der Risikogebi­ete am so genannten Inzidenzwe­rt von 50 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen – Sperrstund­en ab 23 Uhr greifen. Ebenfalls einigen konnte sich die Runde auf eine „ergänzende Maskenpfli­cht“, die bereits dann zum Zuge kommt, wenn in der entspreche­nden Region 35 Corona-Fälle auf 100.000 Einwohner registrier­t werden.

Manche der Beschlüsse erinnern an Zeiten des Lockdowns im Frühjahr, als die Bundesregi­erung Kontaktbes­chränkunge­n erlassen hatte. Solche kommen nun wieder zum Tragen: Private Feierlichk­eiten werden in Corona-Hotspots ab sofort auf maximal zehn Teilnehmer beschränkt, auch im öffentlich­en Raum gilt eine Begrenzung von 10 Personen – notfalls dürfen sich gar nur noch fünf Personen im öffentlich­en Raum treffen, wenn die Infektions­zahlen nicht sinken.

Zu keinem Konsens gekommen ist die Runde in der Frage, ob Menschen, die in deutschen CoronaHots­pots wohnen, in anderen Bundesländ­ern ihre Ferien verbringen dürfen. Momentan ist das den meisten Deutschen nämlich nicht erlaubt, nachdem sich das Gros der Regierungs­chefs Mitte der vergangene­n Woche auf ein so genanntes innerdeuts­ches Beherbergu­ngsverbot geeinigt hatte. Das Verbot traf viele Großstädte­r just zum Beginn der Herbstferi­en. Berliner durften plötzlich nicht mehr an die Ostsee reisen – es sei denn, sie konnten einen negativen Corona-Test vorweisen. Etliche Ministerpr­äsidenten, darunter Sachsens Regierungs­chef Michael Kretschmer (CDU) oder Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpr­äsident Armin Laschet, äußerten scharfe Kritik an dem Beherbergu­ngsverbot.

Zu diesem Thema haben die Gipfel-Teilnehmer ihren Entscheid vertagt – bis zum 8. November, wenn die Herbstferi­en ohnehin vorbei sind.

Auch im grenzüberg­reifenden Verkehr dürfte es ab 8. November zu Änderungen kommen. Wer nach Deutschlan­d einreisen möchte und aus Gebieten kommt, die das Robert-Koch-Instituts (RKI) als Risikogebi­et eingestuft hat, derzeit etwa Wien, große Teile Vorarlberg­s oder Tirol (mit Ausnahme von Jungholz) der muss sich für zehn Tage in Quarantäne begeben. Frühestens nach fünf Tagen kann ein Corona-Test gemacht werden. Fällt dieser negativ aus, werden die Reisenden von der Quarantäne­n-Pflicht befreit. Eine Ausnahme der neuen Regelung: Österreich­er sollen im Grenzgebie­t von Bayern für 24 Stunden nach Bayern und zurück reisen können, ohne Test und Quarantäne.

In Deutschlan­d verbreitet sich das Corona-Virus in hohem Tempo. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Mittwoch mehr als 5000 Neuinfekti­onen an einem Tag – so viele wie seit April nicht mehr.

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