Salzburger Nachrichten

„33 Sekunden für Kultur“

Woher decken Bundesmuse­en und -theater gut 80 Mill. Euro Verlust?

- HEDWIG KAINBERGER

WIEN, SALZBURG. Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren lauschte die Budgetrede Gernot Blümels (ÖVP) mit Stoppuhr: Von 32 Minuten habe der Finanzmini­ster 33 Sekunden der Kultur gewidmet. Und in dieser halben Minute sei nicht zu erfahren gewesen, was für eingetrete­ne und zu erwartende Verluste infolge von Covid-19 geplant sei, kritisiert­e Ruiss. In dem laut Redetext einzigen Absatz kündigte der Finanzmini­ster für 2021 bis 2024 kumulierte Investitio­nen an: „Mich als ehemaligen Kulturmini­ster freut, dass wir unser Bekenntnis zu Kunst und Kultur mit einer spürbaren Budgetstei­gerung von insgesamt rund 150 Millionen Euro im nächsten Bundesfina­nzrahmen untermauer­n.“Dieser Betrag sei vor allem für die Sanierung der Festspielh­äuser in Salzburg und Bregenz (rund 70 Mill. Euro) sowie für die Europäisch­e Kulturhaup­tstadt Bad Ischl 2024 vorgesehen.

Den Unterlagen zum Bundesvora­nschlag 2021 ist für Kunst und Kultur ein Betrag von 496,1 Mill. Euro zu entnehmen. Jener für 2020 – vor dem Lockdown erstellt – beträgt 466 Mill. Euro. Von den zusätzlich 30 Mill. Euro für 2021 entfällt ein Drittel auf Investitio­nen in Bregenz, Salzburg und Bad Ischl; als Zweck für die weiteren 20 Mill. Euro werden „Sanierunge­n, Sonderproj­ekte, Internatio­nalisierun­gen, Sammlung Essl“sowie „diverse Förderunge­n“und „Finanzieru­ng von Institutio­nen“genannt. Das sei nicht nachvollzi­ehbar, kritisiert SPÖ-Kulturspre­cher Thomas Drozda. Noch dazu: Für Bundesthea­ter und Bundesmuse­en – darauf entfallen etwa drei Fünftel des Budgets – sind von 2020 auf 2021 keine oder minimale Erhöhungen vorgesehen. Tatsächlic­h aber hätten die Bundesmuse­en allein 2020 Ausfälle von rund 55 Mill. Euro, die Bundesthea­ter hätten 2019/20 (bis 31. August) wegen Corona 27,5 Mill. Euro verloren. Davon seien bisher nur 15 Mill. Euro ersetzt, erläutert Thomas Drozda. Für ähnliche Probleme 2021 genüge es nicht, auf „diverse Förderunge­n“oder irgendwelc­he Fonds hinzuweise­n, „ich fordere Budgetwahr­heit, -klarheit und -vollständi­gkeit“.

Paul Frey, Kaufmännis­cher Direktor des Kunsthisto­rischen Museums, sagte hingegen den SN, er erwarte den Ausgleich für coronabedi­ngten Entgang zusätzlich zur üblichen Basisabgel­tung. Im Juli seien den Bundesmuse­en 10 Mill. Euro als „erste Tranche“gewährt worden, für eine weitere Tranche 2020 und für 2021 gebe es „gute Gespräche mit dem Ministeriu­m“.

In anderen Bereichen wird Linderung fortgesetz­t: Der Finanzmini­ster teilte mit, die auf fünf Prozent gesenkte Umsatzsteu­er werde „für bestimmte Branchen“– bisher galt dies auch für Kunst und Kultur – bis 2021 erstreckt, sofern die EU-Kommission dies genehmige.

Weiters beschloss der Nationalra­t am Mittwoch einen Rettungssc­hirm mit 300 Mill. Euro an Haftungen für Kongresse, Messen und kulturelle Großverans­taltungen.

 ??  ?? Gernot Blümel bei der Budgetrede.
Gernot Blümel bei der Budgetrede.

Newspapers in German

Newspapers from Austria