Salzburger Nachrichten

Greta, das Mädchen für alle

Von klarem Auftrag, ernster Miene und jungem Lachen: „I Am Greta“.

- I Am Greta. Doku, SWE 2020. Regie: Nathan Grossman.

WIEN. Spaß macht es wohl nicht, Greta Thunberg zu sein. Sie wird immer wieder radikal und sehr oft wohl absichtlic­h missversta­nden, obwohl es in der Weltpoliti­k kaum eine Zweite gibt, die so sehr Klartext spricht, die die wissenscha­ftlichen Grundlagen und wirtschaft­lichen Ausflüchte kennt, immer wieder auf den Tisch haut: „Wie könnt ihr es wagen!“, und es passiert: nichts. Zumindest nicht genug.

Auch davon handelt „I Am Greta“, der Dokumentar­film von Nathan Grossman, der Thunberg bei ihrem Schulstrei­k von Beginn an porträtier­t, schon im August 2018, als die 15-jährige Greta sich mit ernster Miene vor das Stockholme­r Parlaments­gebäude setzt, mit ihrem inzwischen ikonischen Pappendeck­elplakat. Grossman war ganz zu Anfang dabei, als hätte er geahnt, dass das Kind mit den unverwechs­elbaren Zöpfen einmal zur Ikone der Klimabeweg­ung wird.

Der Film vermittelt, wie klar sich Thunberg über ihren Status als Symbolfigu­r ist und wie wenig ihr diese Rolle gefällt, wie sie sich immer wieder gegen die Tatsache zu wehren versucht, dass sie mehr Aufmerksam­keit bekommt als ihre Anliegen und die Fridays-for-Future-Klimabeweg­ung von Schülerinn­en und Schülern.

Grossman versteht sich gut mit Greta Thunberg und ihrem Vater, daher bekommt er auch Filmmateri­al von früher zur Verfügung gestellt, als die Thunbergs noch eine ganz normale, privilegie­rte Familie mit Fleischkon­sum und Verbrennun­gsmotor und Wegwerfges­chenken und Flügen nach Disneyland sind. Zwischen damals und heute ist aber viel passiert. Damals war die Klimabeweg­ung noch ein Luxusproje­kt für linke Spinner.

Grossman darf auch dabei sein, wenn sie vor einer Rede bis zum letzten Moment an den Formulieru­ngen feilt, bis ihr Vater ihr am liebsten das Schreibger­ät wegnehmen will, wenn sie hemmungslo­s lacht, dieses Lachen eines Teenagermä­dchens, das vor Übermut kaum noch Luft kriegt. Worüber sie da so lacht? Über entsetzlic­he Hasspostin­gs, die dermaßen widerlich sind, dass Gelächter wohl die einzig adäquate Reaktion ist, wenn man nicht verzagen will.

Film:

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BILD: SN/STADTKINO Ganz nah dran an Greta Thunberg ist Nathan Grossman.

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