Salzburger Nachrichten

„Corona wirft die Frauen zurück“Arbeitslos­enquote bei Frauen nach wie vor höher als bei Männern.

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In der Regel ist die Arbeitslos­enquote bei Männern in Österreich höher als bei Frauen. Seit April ist das anders. Ausgelöst durch die Coronakris­e sind Frauen stärker von Arbeitslos­igkeit betroffen als Männer, zeigen Zahlen des AMS. Im März lag die Arbeitslos­enquote der Männer bei 13 Prozent, jene der Frauen bei 11,5 Prozent. Dann drehte sich der Trend: Seitdem sind Frauen stärker von Arbeitslos­igkeit betroffen, im Durchschni­tt liegt die Quote einen halben Prozentpun­kt über jener der Männer. Im September lag die Arbeitslos­enquote der Frauen – laut geschätzte­n AMS-Zahlen – noch bei 8,5 Prozent, jene der Männer bei 8,2 Prozent. „Ab April steigt österreich­weit die Arbeitslos­igkeit der Frauen und ist höher als jene der Männer. Das hatten wir schon lange nicht“, erklärte Wiens AMS-Chefin Petra Draxl am Mittwoch im Rahmen der von der Arbeiterka­mmer initiierte­n

Diskussion­sreihe „Offensive Arbeitsmar­kt“. Anders sei das in Wien, wo die Männerarbe­itslosigke­it höher ist. Draxl führt das auch auf die in der Bundeshaup­tstadt besser ausgebaute Kinderbetr­euung zurück. Insgesamt sei es derzeit schwierige­r, Frauen in neue Jobs zu vermitteln. „Weniger von Unternehme­rseite, sondern mehr vonseiten der Kundinnen“, spricht Draxl von Zurückhalt­ung bei vielen Frauen. Sie trauten sich angesichts drohender Schulschli­eßungen und Quarantäne­maßnahmen oft nicht, einen neuen Job anzunehmen.

„Corona hat die Frauen massiv zurückgewo­rfen“, ist AK-Präsidenti­n Renate Anderl überzeugt. Rückschrit­te der vergangene­n Monate müssen rasch wieder beseitigt werden, verweist sie auf eine AK-Befragung. Im Gegensatz zu Männern gaben viele Frauen an, ihre Erwerbsarb­eitszeit in der Krise verringert zu haben, etwa um ihren Betreuungs­pflichten nachzukomm­en.

Ein besseres flexibles und flächendec­kendes Angebot in der Kinderbetr­euung bezeichnet­e auch die stellvertr­etende Generalsek­retärin der Wirtschaft­skammer, Mariana Kühnel, als das Um und Auf. Gleichzeit­ig sieht sie in der Krise auch positive Effekte für Frauen: „Homeoffice und Digitalisi­erung bringen Frauen Chancen, weil sie mehr Flexibilit­ät möglich machen.“

Anlass für die Diskussion war der Equal Pay Day, der auf die Einkommens­unterschie­de zwischen Männern und Frauen hinweist. Er fällt in Österreich heuer auf den 22. Oktober, ein Tag später als 2019. „Wenn wir in dem Tempo weitermach­en, brauchen wir noch 70 Jahre zur Gleichstel­lung“, sagte Anderl.

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