Weniger Stress, aber mehr Sorgen
68 Prozent haben psychische oder mentale Probleme. Gesundheitsbewusstsein gestiegen.
Die Covid-19-Krise hat deutliche Spuren im Alltag der Österreicherinnen und Österreicher hinterlassen. Das zeigt das „Allianz-Gesundheitsbarometer 2020“. Am Mittwoch wurden die Ergebnisse der repräsentativen Studie in Wien vorgestellt, die das Market-Institut online im August durchgeführt hatte.
Während privater und beruflicher Stress in der Coronakrise eher zurückgingen, sind die Sorgen deutlich gewachsen. Von den 1000 befragten Personen sind 68 Prozent zumindest fallweise von psychischen oder mentalen Problemen betroffen. 14- bis 29-Jährige fühlen sich laut Umfrage zudem oft einsam und mit ihren Problemen alleingelassen. Besonders Frauen und jüngere Menschen klagen mehr als bisher über Antriebslosigkeit oder Schlafstörungen. Zehn Prozent haben wiederkehrende Angststörungen und Panikattacken. Es sei davon auszugehen, dass die Krise in den vergangenen Monaten diesen Negativtrend stark befeuert habe, hieß es am Mittwoch.
Besorgt sind die Befragten nicht nur um die eigene Gesundheit: „Die Angst vor einer Coronainfektion innerhalb der Familie ist mit 41 Prozent größer als die Angst, sich selbst anzustecken – davor fürchten sich laut Umfrage 29 Prozent“, sagt Werner Beutelmeyer, Geschäftsführer des Market-Instituts. Elf Prozent der Befragten über 14 Jahre fühlen sich indes akut von Burn-out gefährdet. Den Männern machen dabei oft zu viele Überstunden Probleme, während Frauen eher ein schlechtes Betriebsklima zu schaffen macht. Etwa jeder Sechste empfindet auch seinen Vorgesetzten als Stressfaktor. Ab 50 Jahren nimmt die Burn-out-Gefahr deutlich ab.
Als „Stresskiller“gelten für rund die Hälfte aller Befragten Spazierengehen und Wandern in der Natur. Auch länger zu schlafen wurde als wirksames Mittel gegen Stress im Coronajahr von vielen wiederentdeckt. Positiv zeigt sich auch, dass mehr als die Hälfte (54 Prozent) einen gesunden Lebensstil pflegt. Allgemein ist das Gesundheitsbewusstsein in der Krise laut der Umfrage gestiegen. 72 Prozent fühlten sich gesund. „Wir bemerken, dass eine neue Sensibilität für das Thema Gesundheit entstanden ist“, sagt Christoph Marek, Vorstand der Allianz Österreich. Zudem achten zwei von drei Personen mehr als bisher auf Hygiene, insbesondere Frauen sowie Menschen, die älter sind als 50.
„In erstaunliche Höhen“sei während Corona das Lebenswertgefühl gestiegen, „nicht zuletzt durch die teilweise entstandene Entschleunigung: 8,26 auf einer zehnstufigen Skala“, berichtet Marek (2014: 7,84). Vor allem Menschen über 50 Jahre gaben demnach an, das Leben besonders lebenswert zu finden. Auch der Stellenwert von Familie, Freunden und sozialen Kontakten sei gestiegen.