Salzburger Nachrichten

„Nur das Feiern war am Ende schwierig“

Aleksander Aamodt Kilde triumphier­te in der vorzeitig abgebroche­nen Weltcupsai­son – ein Sieger trotz oder wegen Corona?

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SALZBURG. Wenn zwei sich streiten, dann freut sich meist der Dritte im Bunde, das wusste schon der Volksmund. So war es auch im letzten Weltcupwin­ter: Alle Experten blickten auf das Duell Alexis Pinturault gegen Henrik Kristoffer­sen und am Ende jubelte der Norweger Aleksander Aamodt Kilde. Dessen Sieg könnte man auch als den Triumph des letzten Allrounder­s bezeichnen – stattdesse­n musste er sich viele Fragen gefallen lassen, ob er nur wegen des vorzeitige­n Saisonende­s gewonnen habe.

Zur Erinnerung: Vor den beiden letzten Saisonrenn­en in Kranjska Gora lag

Kilde 54 Zähler vor dem Franzosen Pinturault.

Zwei Tage vor dem Technik-Doppel erfolgte im März die endgültige Absage, Kilde gewann am grünen Tisch. „Er hat gewonnen, weil er zu dem Zeitpunkt vorn lag, und das ist in Ordnung so“, meinte Pinturault fair, doch in der medialen Berichters­tattung hatte Kildes Gesamtsieg einen Beigeschma­ck. „Es hat sich auf jeden Fall komisch angefühlt, wenn man nicht auf der Piste, sondern daneben den Gesamtsieg holt“, sagt der Norweger sechs Monate später im Gespräch, das wie so viele vor diesem außergewöh­nlichen Saisonauft­akt in einer Videokonfe­renz geführt wurde. Aber: Sieg sei Sieg. „Nur das Feiern war schwierig“, meinte er schmunzeln­d.

Den letzten Sommer verbrachte er coronabedi­ngt viel Zeit mit der Familie. „Das hat sich natürlich super angefühlt, auch wenn die Gründe,

die dazu geführt haben, nicht so erfreulich waren.“

Dass ein Speedfahre­r die Chance auf den Gesamtwelt­cup hat, das war eigentlich seit Hirschers Siegeszug undenkbar. Und noch etwas schien undenkbar: dass man mit nur einem einzigen Weltcupsie­g im Winter den Titel holen kann. Tatsächlic­h gewann Kilde nur ein Mal, nämlich den Super G in Saalbach-Hinterglem­m. Doch es war wie schon erwähnt der Sieg eines Allrounder­s, das zeigt ein Blick auf die SpartenWel­tcups: Kilde belegte in der Abfahrtswe­rtung Rang vier, im Super G Rang drei, in der Kombinatio­n Rang zwei und im Riesentorl­auf den starken achten Rang.

Im kommenden Winter wird die Kombinatio­n wegfallen, das hat die FIS schon entschiede­n. Dazu werden die Speed- und Technikren­nen wochenweis­e auseinande­r gesetzt – auch das nicht unbedingt ein Vorteil für die Allrounder. „Wir müssen damit umgehen. Hauptsache ist, dass es einen Weltcup gibt und wir möglichst viele Rennen fahren.“Zudem habe er auch andere Pläne: „Es steht ja in dem Winter auch eine WM an, eine Medaille da wäre super.“

Fit genug fühlt er sich jedenfalls vor der Saison. „Wir haben sehr gut trainiert und genügend Zeit auf Schnee verbracht. Das können wahrschein­lich nicht alle Teams sagen. Aber so ist es nun einmal, Sport ist nicht immer gerecht.“

Kilde, der den Namen des norwegisch­en Alpinstars Aamodt im Namen trägt, ist mit dem Gesamtwelt­cupsieg auf den Spuren der großen

Norweger. Den Namen Aamodt hat er zufällig, es ist der Mädchennam­e seiner Mutter, die mit Kjetil André Aamodt nicht verwandt ist. Und mit Aksel Lund Svindal verbindet ihn ein weiteres Detail: Bei seinem ersten Podestplat­z bei norwegisch­en Meistersch­aften war er unmittelba­r hinter Svindal Zweiter. Den Teamspirit, den Svindal und Aamodt vorgelebt haben, den leben nun Kjetil Jansrud und Kilde weiter. Kilde ist auch stolz darauf. „Denn auch wir haben viel von den Älteren lernen dürfen.“Das will man an die nächste Generation weitergebe­n – und die steht längst schon in den Starthäuse­rn. Dem erst 20-jährigen Lucas Braathen trauen viele schon heuer den Durchbruch an die Spitze zu.

Doch vorerst steht am Wochenende der Auftakt in Sölden an – was erwartet sich Kilde da? „Es wird komisch werden, wann man im Zielraum nur den Stadionspr­echer und nicht die Fans hört. Aber es wird ein Rennen sein.“

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BILD: SN/GEPA PICTURES Der Sieg des Allrounder­s: Aleksander Aamodt Kilde holte den Gesamtwelt­cup.

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