Das Projekt Selbstverantwortung ist gescheitert
Vorwärts zurück in den März. Das Coronavirus hat uns fest im Griff. Auch wenn das zuletzt viele nicht mehr wahrhaben wollten.
Ein Marathon wird erst ab Kilometer 30 so richtig schwierig. Bis dahin ist alles im Vergleich dazu Vorgeplänkel. Ausdauer, Leidensfähigkeit und Willensstärke sind gefordert, um bis zur Ziellinie durchzuhalten. Das Ziel im Kampf gegen das Coronavirus sind sichere Impfstoffe und gute Medikamente, um die Viren zu stoppen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat zu Beginn der Coronakrise mit dem Marathon kein schlechtes Bild verwendet, um deutlich zu machen, dass der Weg lang und mühsam wird.
Wie mühsam, das wird jetzt besonders in Salzburg klar, wo unter anderem mit Kuchl wieder ein ganzer Ort in Quarantäne geschickt wird. Für den epidemiologischen Laien ist es anhand der absoluten Erkrankungszahlen kaum nachvollziehbar, dass die Situation im Tennengau der sogenannte schlimmste Fall in einer Pandemie ist. Wenn nämlich das Infektionsgeschehen völlig außer Kontrolle gerät, keine Cluster mehr feststellbar sind und zudem die Bereitschaft der Menschen, selbst das Notwendige und Geforderte zu tun, verloren geht. Die Zahlen steigen dann nämlich nicht mehr langsam, wie jetzt über Wochen, sondern sie galoppieren plötzlich mit atemberaubender Geschwindigkeit dahin. Das hat nichts mit Angstmache zu tun, das sind Grundgesetze der Epidemiologie, die jetzt die Politik wieder zum Handeln zwingen. Wer offenen Auges über die Grenzen hinausblickt, muss akzeptieren, dass in einigen Ländern Europas das Gesundheitssystem wieder an seine Grenzen gestoßen ist. Salzburg hat bereits ein leerstehendes Spital für Coronapatienten reserviert. Und wenn Landeshauptmann Wilfried Haslauer sagt, dass ohne konsequentes Gegensteuern in zwei Wochen auch hier die Grenze der Versorgbarkeit erreicht sein könnte, dann hat das einen sehr realen Hintergrund.
Warum aber hat die Politik die Menschen im Abwehrkampf gegen das Virus verloren? Landessanitätsdirektorin Petra Juhasz musste konsterniert feststellen, dass Infizierte beim Angeben von Kontaktpersonen zuletzt nicht mehr kooperiert haben oder Menschen mit Symptomen sich nicht testen ließen. In sozialen Netzwerken hat man sogar dazu aufgerufen. Getrieben auch von einzelnen Experten, die sehr schnell mit dem Bürsten gegen den Strich und schlechten Büchern in Großauflagen ein Geschäftsmodell entwickelt haben. Faktum bleibt: Die vielen Appelle der Politik an die Selbstverantwortung der Menschen blieben offenbar von zu großen Teilen der Bevölkerung ungehört. Das Projekt ist gescheitert. Nur: Der Marathon ist noch nicht zu Ende.