Salzburger Nachrichten

Die Wiener SPÖ hat nicht gewonnen

Das Ergebnis der Wiener Wahl ist ernüchtern­d für die Sozialdemo­kraten: Mitte-rechts ging kaum etwas für sie.

- WWW.DIESUBSTAN­Z.AT Johannes Huber

Wenn die SPÖ auf Bundeseben­e jemals wieder eine tragende Rolle spielen und den Kanzler stellen möchte, muss sie Wähler begeistern, die rechts der Mitte stehen. Österreich­weit bilden sie die Mehrheit, bei den jüngsten Nationalra­tswahlen hat es sie jedoch eher zur neuen ÖVP von Sebastian Kurz gezogen und zum Teil auch noch zu den Freiheitli­chen. Bei der Wiener Gemeindera­tswahl hätte die Sozialdemo­kratie nun die Chance gehabt, im Kleinen dagegenzuh­alten. Allein: Trotz aller Bemühungen ist der Erfolg zu bescheiden geblieben, um als Vorlage für Bundespart­eivorsitze­nde Pamela Rendi-Wagner dienen zu können.

Die SPÖ hat am Sonntag nur um zwei Prozentpun­kte zugelegt und damit 41,6 Prozent erreicht. Ganz brutal, aber zynisch formuliert war das eine Leistung: Die Freiheitli­chen büßten knapp 24 Prozentpun­kte ein. Nur einen Bruchteil davon konnten jedoch die Sozialdemo­kraten übernehmen.

Das ist bemerkensw­ert: Michael Ludwig hat die Wiener SPÖ einst mit dem Ziel übernommen, als Bürgermeis­ter möglichst viel im Sinne der Flächenbez­irke zu tun, in denen die Freiheitli­chen in den vergangene­n Jahren besonders stark waren. Dafür riskierte er gern auch Konflikte mit den Grünen, die ihm sein Vorgänger Michael Häupl als Koalitions­partner hinterlass­en hatte. Die Absage an eine verkehrsbe­ruhigte Innenstadt etwa diente auch seiner Profilieru­ng: Er stand damit unübersehb­ar deutlich auf der Seite der Autofahrer, die in den Flächenbez­irken zahlreich sind.

Auch Zuwanderun­gsthemen ging Ludwig an. Subtiler jedoch als sein burgenländ­ischer Amts- und Parteikoll­ege Hans Peter Doskozil: „Wien-Bonus“lautete das Zauberwort. Wer schon länger in der Stadt lebt, soll demnach bevorzugt werden, wer neu ist, „muss sich hinten anstellen“. Das ist nicht ausdrückli­ch gegen Ausländer gerichtet, trifft sie jedoch genauso.

Die Ausbeute bei der Gemeindera­tswahl war gering: In Bezirken entlang des Gürtels etwa verlor die SPÖ leicht; dort sind recht viele Wähler links der Mitte zu Hause. Anderersei­ts gewann sie in den Flächenbez­irken nicht besonders viel: Fünf, sechs oder gar sieben Prozentpun­kte plus, wie in Floridsdor­f und Favoriten, klingen beeindruck­end. Berücksich­tigt man jedoch, dass die FPÖ dort um bis zu 31 Prozentpun­kte abstürzte, ist es bescheiden.

Das ist bitter für die Sozialdemo­kratie: Der FPÖ liefen gegenüber 2015 rund 200.000 Wählerinne­n und Wähler davon. Die meisten blieben nun lieber zu Hause oder wechselten eher noch zur neuen ÖVP als zur SPÖ. Das ist Rendi-Wagner für die Bundespart­ei eine Lehre: Ludwigs Strategie ist nicht dazu angetan, diese Leute zu überzeugen, sie muss eine andere entwickeln.

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