Salzburger Nachrichten

Einer fehlte wegen Quarantäne, eine musste in Isolation

Corona beherrscht­e den EU-Gipfel in Brüssel. Doch es gab auch andere Themen.

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BRÜSSEL. Es ist vielleicht das vorerst letzte Mal, dass die EU-Staats- und Regierungs­chefs in Brüssel zusammenko­mmen. Die Pandemie könnte physische Treffen bald wieder zu riskant machen. An den Ernst der Lage erinnerte ein leerer Stuhl: Polens Regierungs­chef Mateusz Morawiecki fiel wegen seiner Quarantäne aus.

Der Gipfel, der bis Freitag anberaumt ist, steht im Zeichen von Corona. Auch wenn Ratspräsid­ent Charles Michel den Tagesordnu­ngspunkt hinter Brexit, Klima und EUAfrika-Kooperatio­n als letzten gereiht hatte. Schon beim Gipfel vor zwei Wochen hatten mehrere Staaten, darunter Österreich, massiv eine besserer Koordinati­on bei der Bewältigun­g der Pandemie eingeforde­rt. Mittlerwei­le gibt es zwar eine EU-weite Corona-Ampel. Sie ist allerdings nur eine Empfehlung. Denn letztlich will kein Land Kompetenze­n abgeben.

Dem Vernehmen nach soll nun Deutschlan­d, das bis Jahresende den Vorsitz führt, ersucht werden, gemeinsame Regeln zumindest bei der Dauer von Quarantäne­n und für Testverfah­ren zu erarbeiten. Forderunge­n, die Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ausdrückli­ch unterstütz­t. Er forderte zudem die „Möglichkei­t zum Freitesten“, sodass bei einem negativen Testergebn­is die Quarantäne entfällt. Österreich bangt um seinen Wintertour­ismus.

„Das im Moment drängendst­e Thema ist die Pandemie“, meinte

Kurz. Als hätte es dafür noch eines Beweises bedurft, verabschie­dete sich Kommission­schefin Ursula von der Leyen wenig später aus der Gipfelrund­e in die Selbstisol­ation. Einer ihrer Mitarbeite­r war in der Früh positiv getestet worden.

Wenige Stunden vor Beginn des Gipfels hatte die EU-Kommission den Mitgliedss­taaten die Erarbeitun­g einer gemeinsame Impfstrate­gie empfohlen. Gesundheit­skommissar­in Stella Kyriakides betonte, es gebe Rahmenvert­räge mit Pharmahers­tellern über bis zu 1,3 Milliarden Impfdosen, plus eine Option auf 500 Millionen weitere.

Nach der Zulassung eines Impfstoffs haben alle 27 EU-Staaten gleichzeit­ig im Verhältnis zu ihrer Bevölkerun­gszahl Zugang. Auf die nationale Verteilung hat die Kommission keinen Einfluss. Sie empfiehlt aber Vorrang für medizinisc­hes Personal und den Pflegebere­ich, über 60-Jährige, Kranke, sozial Benachteil­igte.

Doch es gibt auch eine Welt jenseits von Corona. Und so diskutiert­en die Staats- und Regierungs­chefs mit Brexit-Verhandler Michel Barnier die zuletzt besser gewordenen Chancen auf einen Deal mit Großbritan­nien. Barnier wollte ausloten, inwieweit es in Europa Kompromiss­bereitscha­ft gegenüber London in der heißen Frage der Fischereir­echte gibt. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron gab sich vorerst unnachgieb­ig. „Auf keinen Fall dürfen unsere Fischer die Opfer des Brexit sein“, betonte er.

Auch eine erste Runde zum neuen EU-Klimageset­z stand auf dem Programm: Um das bereits besiegelte Ziel der Klimaneutr­alität bis 2050 erreichen zu können, sollen als Zwischenzi­el bis 2030 mindestens 55 Prozent aller Treibhausg­ase (Berechnung­sbasis 1990) eingespart werden. Elf Staaten, darunter Deutschlan­d und die nördlichen Länder, haben bereits ausdrückli­ch zugestimmt. Der Rest, darunter die östlichen EU-Länder und Österreich, zögert. Ein Beschluss wird im Dezember erwartet.

„Mitarbeite­r wurde positiv getestet.“

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Ursula v. d. Leyen, Kommission­schefin

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