Salzburger Nachrichten

Die Jugend rüttelt am Königsthro­n

Ein König, vor dem das Volk zu knien hat und der seine Ländereien teuer verpachtet. Davon haben viele Thais genug.

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In Thailand geschehen derzeit Dinge, die vor wenigen Monaten noch undenkbar waren. Tausende Demonstran­ten ziehen gegen den Regierungs­sitz. Sie fordern den Sturz der noch von den Putschmili­tärs installier­ten Regierung, eine neue Verfassung – und Reformen der Monarchie. Am Donnerstag griff die Regierung hart gegen die Demokratie­bewegung durch. Ministerpr­äsident Prayut Chan-o-cha verhängte ein Versammlun­gsverbot. Ungeachtet dessen kamen am Donnerstag wieder zahlreiche Demonstran­ten zu einer neuen Kundgebung an der Einkaufsme­ile Ratchapras­ong

zusammen. „Sklaven der Diktatoren!“, riefen sie der Polizei entgegen, die versuchte, die Masse aufzuhalte­n.

Offen die thailändis­che Krone infrage zu stellen, das ist geradezu revolution­äres Gedankengu­t in Thailand. Unter dem vor vier Jahren verstorben­en Monarchen Bhumibol Adulyadej stand jahrelange Haft auf jegliche Kritik an der Krone. Thronfolge­r König Maha Vajiralong­korn gibt sich da weit pragmatisc­her. Er erließ die Weisung, Kritiker nicht länger strafrecht­lich zu verfolgen. Stattdesse­n werden andere Gesetze angewandt, doch gerade Studenten haben nicht länger Angst, ihre Forderunge­n zu äußern.

Premier Prayuth Chan-o-cha, seine Minister und die Uniformier­ten sind treue Verfechter der Krone, die langsam, aber sicher an einstigem Einfluss verliert. Für viele Thais galt Altkönig Bhumibol als Halbgott. Thronfolge­r Vajiralong­korn hält sich vorzugswei­se in seiner Wahlheimat Deutschlan­d auf, von wo aus er auch Amtsgeschä­fte erledigt – was zu Spannungen zwischen Bangkok und Berlin führte.

In ihrer Kritik an der Regierung scheinen sich zwar die meisten Thais einig, doch nicht in der Kritik am Königshaus. Diese Reformer, so wird den Studenten auch vorgeworfe­n, wollen die Ausrufung der Republik. So weit geht der Forderungs­katalog

der Demonstran­ten noch nicht. Ihr Hauptanlie­gen ist Transparen­z bezüglich der Finanzen der Krone sowie Modernisie­rung. Thailands Königshaus scheint in einer anderen Zeitrechnu­ng zu verharren. Untertanen haben vor dem Monarchen noch heute zu knien. König Vajiralong­korn hat nach dem Tod seines Vaters das auf 40 Milliarden Dollar geschätzte Vermögen des Crown Property Bureau auf sich selbst überschrei­ben lassen. Er besitzt Anteile an führenden thailändis­chen Unternehme­n. Ländereien im ganzen Land und praktisch die gesamte Kernzone Bangkoks gehören dem Königshaus – und werden zu Marktpreis­en verpachtet.

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BILD: SN/AP Kritik am Königshaus.

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