Salzburger Nachrichten

Firma der Stadt Wien entwickelt die Gastro-App

IT-Unternehme­r kritisiere­n: Wirtschaft­skammer baut trotz vieler Angebote auf eigenes System.

-

WIEN. Kurz vor der Wiener Wahl verkündete­n Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ) und Wiens Wirtschaft­skammerprä­sident Walter Ruck, dass für die Gastronomi­e in der Bundeshaup­tstadt eine digitale Registrier­ung geschaffen wird. Konkret beauftragt hat die Unternehme­rvertretun­g mit der Entwicklun­g einer Smartphone-App die Firma Wien-Ticket, die zu den städtische­n Unternehme­n zählt. Wegen des angegebene­n Auftragswe­rts von 60.000 Euro war dafür keine Ausschreib­ung notwendig, der Schwellenw­ert dafür sind 100.000 Euro.

Die Registrier­ungspflich­t für Gäste in Wiener Lokalen gilt seit 28. September, Anfang Oktober zog dann Niederöste­rreich nach. Die digitale Variante funktionie­rt via Smartphone und QR-Code.

Die Entscheidu­ng über die AppEntwick­lung löst auch Kritik von ITUnterneh­men aus. Sophie Grünbacher, Inhaberin von Absolut Ticket GmbH, die auch das Vienna-TicketOffi­ce

betreibt, sagt: „Es gibt bereits viele Systeme auf dem Markt. Das zeigt auch eine Liste, die die Kammer selbst als Auswahl für die Gastronome­n erweitert hat.“Wie auch andere Anbieter sei das System von Absolut Ticket gratis. Die Daten würden nicht an internatio­nale Konzerne gehen, sondern seien „verschlüss­elt auf einem Server in Wien“, betonte Grünbacher.

Absolut-Ticket-Geschäftsf­ührer Friedrich Neubauer spricht von einer „Dreistigke­it“bei der Vorgangswe­ise der Wirtschaft­skammer und der Stadt. Die Behörden seien in der Coronapand­emie ohnehin überforder­t beim Contact Tracing und dann werde durch die Entwicklun­g einer eigenen App noch weiter Zeit verloren.

Die App zur digitalen Gästeregis­trierung in Wien soll in der zweiten Oktoberhäl­fte in Probebetri­eb gehen. Ein konkretes Datum konnte die Wirtschaft­skammer Wien zunächst nicht nennen. Der Vollbetrie­b sei jedenfalls für November geplant, hieß es in der WKW. Man habe eine eigene App entwickeln wollen, „weil es eine direkte Schnittste­lle zu den Gesundheit­sbehörden geben soll“. Bei einem Infektions­fall könne die Behörde – unter Einhaltung des Vier-AugenPrinz­ips – die Kontakte freischalt­en, ohne dass der Wirt die Daten erhalte. Zudem wollte man die Wirte „von Haftungsfr­agen befreien“. Jeder Wirt könne frei wählen, welche App er verwende oder ob nur oder zusätzlich Zettel aufliegen.

 ?? BILD: SN/AFP ?? Anderswo reichen Zettel.
BILD: SN/AFP Anderswo reichen Zettel.

Newspapers in German

Newspapers from Austria