Um diese steinerne Hand ranken sich viele Mythen
Sie ist unscheinbar und gut versteckt – die kleine Hand auf dem Westportal der Salzburger Franziskanerkirche. Auch wer gezielt nach ihr sucht, findet sie möglicherweise nicht auf den ersten Blick: Die Betrachterin, der Betrachter muss sich schon hinunterbeugen. Wer das Handzeichen dann entdeckt hat, macht sich unweigerlich Gedanken, wofür die Marmorhand stehen könnte, was sie (auf)zeigen will.
Die Franziskanerkirche ist eine der ältesten Kirchen Salzburgs, mit einer jahrhundertelangen Baugeschichte. Das Portal zur Sigmund-Haffner-Gasse hin stammt ursprünglich aus dem 13. Jahrhundert, wurde aber im Barock neu gestaltet. Die aus dem roten Adneter Marmor herausgearbeitete Hand ist davon unbehelligt geblieben, wurde aber im Lauf der Zeit beschädigt.
Die Handinnenfläche der erhobenen Hand weist in Richtung der Betrachter. Zeige- und Mittelfinger sind in die Höhe gestreckt, Ring- und kleiner Finger abgewinkelt. Der Daumen ist längst abgebrochen, zeigte mit Sicherheit aber auch nach oben.
Das architektonische Detail gibt nach wie vor Rätsel auf.
Kein Wunder, dass sich Geschichten und Mythen darum ranken. Der Volksmund überliefert etwa die Anekdote, der Steinmetz habe nach Fertigstellung der Pforte mit diesem steinernen Handzeichen geschworen, er werde keine zweite dieser Art machen. Das klingt nach einer Künstlerlegende.
Der Sache näher kommen wir wohl mit der symbolischen Bedeutung der erhobenen Hand. Meist wird sie als Schwurhand interpretiert, welche die Wahrhaftigkeit der Worte unterstreicht. Vom Gestus her könnte es aber auch eine Segenshand sein – Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger stehen für die Dreifaltigkeit. Dann gibt es die Deutung für Kirchenasyl, einen geschützten Raum, einen Zufluchtsort. Andere sehen in der Hand ein Abwehrzeichen gegenüber allem Bösen, eine Art Bann, der hier an der Türschwelle zwischen weltlichem und kirchlichem Raum seine Wirkung entfalten soll.
Für Franziskanerpater Oliver Ruggenthaler ist es die Segenshand Christi, „das wäre eine naheliegende theologische Deutung“. Auch würde sich das Handzeichen im Kircheninneren in den Apostelkreuzen wiederfinden. Er verweist auf Kapitel 10 des Johannes-Evangeliums mit dem Gleichnis vom guten Hirten – „Ich bin die Tür zu den Schafen“. Dort heißt es: „Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden.“