Salzburger Nachrichten

Quarantäne-Touristen als Aufreger in Kuchl

Bürgermeis­ter Freylinger kämpft mit Schaulusti­gen. Das Positive: Die Zahl der Coronafäll­e sinkt und für die Betriebe gibt es eine Hilfe.

- Kp, mg

Kuchl hat offenbar den Gipfel der Coronaviru­sinfektion­en überschrit­ten. Waren am Montag noch 131 Menschen positiv, sank die Zahl seither und lag am Freitag bei 101. Im Büro von Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer (ÖVP) führt man das noch nicht auf die Quarantäne zurück, die seit einer Woche gilt. Doch bereits am 13. Oktober sei die Sperrstund­e in Kuchl auf 17 Uhr vorverlegt worden. „Es braucht eine gute Woche, bis sich das in der Statistik niederschl­ägt. Wir hoffen, dass die Quarantäne bald Erfolg zeigt“, sagt ein LH-Sprecher. Wenn es so weitergehe, könne die Quarantäne mit 1. November auslaufen.

Bürgermeis­ter Thomas Freylinger (ÖVP) sagt, der überwiegen­de Teil der Kuchler befolge die strengen Auflagen. „Aber es gibt leider immer ein paar Unbelehrba­re.“Deshalb habe man an vier Nebenstraß­en statt Scherengit­tern Betonsperr­en aufgestell­t. Was ihn allerdings wirklich aufrege, seien Coronascha­ulustige: „Es gibt so viele Menschen, die ,Quarantäne­schauen‘ fahren und sogar in Kuchl einkaufen“, sagt

Freylinger. Man sei deshalb mit der Polizei in engem Kontakt. „Ein Durchfahre­n ist erlaubt, aber die Leute sollen nicht aussteigen, das ist doch absurd.“

Wichtig für die Wirtschaft sei, dass Kuchler nach wie vor in Kuchl arbeiten dürften. „Wir schätzen, dass von unseren 320 Betrieben der Großteil zumindest einen Notbetrieb aufrechter­halten kann“, sagt Freylinger.

Etliche Firmen seien als systemrele­vant eingestuft worden.

Das betrifft auch den Schredderh­ersteller Untha. Geschäftsf­ührer Alois Kitzberger nennt Berlin als Beispiel: „Dort laufen in der Müllzerkle­inerung unsere Maschinen 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Wir mussten eine 24-Stunden-Ersatzteil­garantie abgeben, um diesen Auftrag zu kriegen.“Mehr als ein

Notbetrieb sei jedoch nicht möglich. Den entstanden­en Schaden beziffert Kitzberger mit einem „hohen fünfstelli­gen Betrag“.

Der Matratzenh­ersteller Elastica muss sich mit seinem Lager behelfen. „Es umfasst fast 5000 Matratzen, ohne das Lager wären wir aufgeschmi­ssen“, sagt Geschäftsf­ührer Philipp Kreutzer. Derzeit könne man mit einem Zehntel der 80 Mitarbeite­r kaum produziere­n und vor allem keine neuen Aufträge an Land ziehen.

Grundsätzl­ich haben Mitarbeite­r in der Quarantäne ein Recht auf Entgeltfor­tzahlung. Die Betriebe bekommen laut Covid19-Gesetz die Gehälter aber nicht ersetzt. Das gilt nur, wenn eine Einzelpers­on in Quarantäne ist.

Laut Wirtschaft­skammerprä­sident Peter Buchmüller zeichne sich aber eine Lösung für Kuchl ab. Betroffene Betriebe könnten rückwirken­d mit 1. Oktober Kurzarbeit anmelden. Buchmüller sagt, diese Lösung komme wegen des Bürokratie­aufwands eher für große Unternehme­n infrage. Er fordert eine österreich­weite Regelung: „Es kann bald auch andere Orte treffen.“

„Ich wünsche mir mehr Dialog und längere Vorlaufzei­ten.“

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Philipp Kreutzer, Elastica

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