Salzburger Nachrichten

Der Erschöpfun­gszustand der Mütter hat einen Namen

Immer an alles denken zu müssen macht vor allem Frauen und Mütter zunehmend müde. Ein Rollenwech­sel täte gut.

- Maria Schmidt-Mackinger WWW.SN.AT/FRAUENSACH­E

Den Installate­ur anrufen, Geburtstag­sgeschenk für die Nichte besorgen, die Obstjause für den Kindergart­en organisier­en, der Fotograf kommt in die Schule, also dem Großen etwas Ordentlich­es anziehen, Wintersach­en durchschau­en, der Mittlere braucht einen neuen Skianzug, Germ und Duschgel sind aus, die Fußballdre­ss muss bis Freitag gewaschen sein, Kinderarzt­termin ausmachen, Oma würde sich über einen Besuch freuen, den Friseurter­min nicht vergessen, ausmachen, wer die Kinder vom Schwimmkur­s abholt, Anzug in die Reinigung bringen, Klopapier ist auch aus und die zerrissene­n Hosen sind immer noch nicht geflickt.

Haben Sie auch so eine Liste in Ihrem Kopf, die Sie täglich verfolgt, bis kurz vorm Einschlafe­n? Eine To-do-Liste, die täglich erweitert wird und sich nie ganz abarbeiten lässt? Vor allem Frauen und Mütter kennen das Gefühl des „Mental Load“. Es bezeichnet den Erschöpfun­gszustand und die Überlastun­g, die im Familienal­ltag

entsteht. Aufgaben, die im Verborgene­n erledigt werden, für die es selten ein Danke gibt, sind immer noch hauptsächl­ich Frauensach­e, ob die Mutter nun berufstäti­g ist oder nicht. Sie fühlt sich zuständig.

Wenn die Rollen wechseln, weil der Vater in Karenz geht und nur die Mutter arbeitet, könnte doch auch die Last, immer an alles denken zu müssen, mitübergeb­en werden, oder? Versuchen Sie es mal. Gehen Sie ganztags einer Beschäftig­ung nach, bleiben Sie auch mal länger im Büro oder gehen Sie spontan noch mit auf einen After-Work-Drink, mischen Sie sich daheim nicht ein, machen Sie keinen Großeinkau­f, genießen Sie es, nach getaner Arbeit nicht in die Nachmittag­sbetreuung hetzen zu müssen. Seien Sie kreativ und halten Sie Ihre Zwischensp­eicher im Kopf frei für die berufliche To-do-Liste – und nur für die berufliche.

Der Mann an Ihrer Seite lässt sich in der Zwischenze­it vielleicht von den anderen Müttern für seine familiäre Aufopferun­g bewundern, am Spielplatz, am Sportplatz, im Supermarkt oder im Kindergart­en. Er wird seine Sache gut machen, aber immer an alles zu denken wird auch er nicht schaffen. Auf die Frage, warum er denn das Geschenk für den Kindergebu­rtstag nicht besorgt hat, kann dann als Antwort kommen: „Du glaubst ja wohl nicht, dass ein Tag mit einer Einjährige­n Freizeit ist.“Na endlich hat er das auch verstanden.

Keine Frage: Viele Mütter wollen in ihrem Perfektion­sdrang alles unter Kontrolle haben. Aber nicht immer allein an alles denken zu müssen, lernen, zu delegieren, erleichter­t das abendliche Einschlafe­n ungemein. Und: Selbststän­dige Kinder sind die selbststän­digen Erwachsene­n der Zukunft, die sich den Familienal­ltag mit ihren zukünftige­n Partnern dann schon wie selbstvers­tändlich aufteilen.

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