Der Erschöpfungszustand der Mütter hat einen Namen
Immer an alles denken zu müssen macht vor allem Frauen und Mütter zunehmend müde. Ein Rollenwechsel täte gut.
Den Installateur anrufen, Geburtstagsgeschenk für die Nichte besorgen, die Obstjause für den Kindergarten organisieren, der Fotograf kommt in die Schule, also dem Großen etwas Ordentliches anziehen, Wintersachen durchschauen, der Mittlere braucht einen neuen Skianzug, Germ und Duschgel sind aus, die Fußballdress muss bis Freitag gewaschen sein, Kinderarzttermin ausmachen, Oma würde sich über einen Besuch freuen, den Friseurtermin nicht vergessen, ausmachen, wer die Kinder vom Schwimmkurs abholt, Anzug in die Reinigung bringen, Klopapier ist auch aus und die zerrissenen Hosen sind immer noch nicht geflickt.
Haben Sie auch so eine Liste in Ihrem Kopf, die Sie täglich verfolgt, bis kurz vorm Einschlafen? Eine To-do-Liste, die täglich erweitert wird und sich nie ganz abarbeiten lässt? Vor allem Frauen und Mütter kennen das Gefühl des „Mental Load“. Es bezeichnet den Erschöpfungszustand und die Überlastung, die im Familienalltag
entsteht. Aufgaben, die im Verborgenen erledigt werden, für die es selten ein Danke gibt, sind immer noch hauptsächlich Frauensache, ob die Mutter nun berufstätig ist oder nicht. Sie fühlt sich zuständig.
Wenn die Rollen wechseln, weil der Vater in Karenz geht und nur die Mutter arbeitet, könnte doch auch die Last, immer an alles denken zu müssen, mitübergeben werden, oder? Versuchen Sie es mal. Gehen Sie ganztags einer Beschäftigung nach, bleiben Sie auch mal länger im Büro oder gehen Sie spontan noch mit auf einen After-Work-Drink, mischen Sie sich daheim nicht ein, machen Sie keinen Großeinkauf, genießen Sie es, nach getaner Arbeit nicht in die Nachmittagsbetreuung hetzen zu müssen. Seien Sie kreativ und halten Sie Ihre Zwischenspeicher im Kopf frei für die berufliche To-do-Liste – und nur für die berufliche.
Der Mann an Ihrer Seite lässt sich in der Zwischenzeit vielleicht von den anderen Müttern für seine familiäre Aufopferung bewundern, am Spielplatz, am Sportplatz, im Supermarkt oder im Kindergarten. Er wird seine Sache gut machen, aber immer an alles zu denken wird auch er nicht schaffen. Auf die Frage, warum er denn das Geschenk für den Kindergeburtstag nicht besorgt hat, kann dann als Antwort kommen: „Du glaubst ja wohl nicht, dass ein Tag mit einer Einjährigen Freizeit ist.“Na endlich hat er das auch verstanden.
Keine Frage: Viele Mütter wollen in ihrem Perfektionsdrang alles unter Kontrolle haben. Aber nicht immer allein an alles denken zu müssen, lernen, zu delegieren, erleichtert das abendliche Einschlafen ungemein. Und: Selbstständige Kinder sind die selbstständigen Erwachsenen der Zukunft, die sich den Familienalltag mit ihren zukünftigen Partnern dann schon wie selbstverständlich aufteilen.