Gentleman-Trainer fordert bösen Buben
Im Gegensatz zu Jesse Marsch vergisst Diego Simeone oft seine Manieren.
Die internationalen Auswärtsreisen von Red Bull Salzburg stehen im Herbst 2020 wahrlich unter keinem guten Stern. In der Qualifikation zur Champions League hatte die Truppe von Trainer Jesse Marsch gegen Maccabi Tel Aviv in den Lockdown von Israel müssen. Und auch der Flug am Montag nach Madrid zur zweiten Runde in der Königsklasse wird bei vielen Bullen schon ein ungutes Gefühl hervorgerufen haben. Zwar leidet aktuell jedes Land massiv unter der Coronakrise, aber Spanien erwischte es besonders hart. Die Hauptstadt Madrid gehört zu einem der Corona-Hotspots. Spaniens Regierung erklärte die Region schon zum Notstandsgebiet mit einer Ausgangssperre um 23 Uhr. Andreas Ulmer und Co. fuhren daher vom Flughafen direkt ins exklusiv für den Meister reservierte Hotel, verließen es nur zum Abschlusstraining.
Am Dienstag geht es vom Hotel direkt ins Topstadion Wanda Metropolitano, das allerdings leer bleiben muss. So werden die lauten Kommentare von Atlético-Trainer Diego Simeone, der meist ganz in Schwarz gekleidet optisch Angst und Schrecken verbreitet, bestens zu hören sein. Mit einem 2:0 gegen Betis Sevilla geht der Tabellenzweite Atlético in das Spiel. Das wird zu einem Duell Gentleman-Trainer Marsch gegen den bösen Buben auf der Atlético-Bank werden. Marsch fällt bei allem Temperament nie aus der Rolle, wirkt auf dem Platz ruhig, überlegt sich seine Worte meist genau. Der US-Amerikaner verkörpert genau das Gegenteil seines Rivalen aus Argentinien. Der agiert an der Seitenauslinie wie ein brodelnder Vulkan, verschont weder Referee noch Spieler mit verbalen Attacken. Ausraster sind keine Seltenheit. Simeone versucht alles, um den Unparteiischen zu beeinflussen. Sein Motto lautet: die eigenen Spieler motivieren, alle anderen einschüchtern. Und Simeone betont immer wieder: „Meine Spieler würden für mich sterben, denn sie haben keine Angst vor dem Tod.“