Salzburger Nachrichten

Lungauer Schüler werden zu Häuslbauer­n

Bauunterne­hmer hilft Jugendlich­en bei Berufswahl und bekämpft gleichzeit­ig Fachkräfte­mangel.

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ST. MICHAEL. Mario Schitter ist gut unterwegs. Seine Baufirma Recon Group verwirklic­ht Projekte in Österreich, Deutschlan­d und Mallorca. Mit 80 Mitarbeite­rn und rund 30 Millionen Euro Jahresumsa­tz zählt der Lungauer zu den Branchengr­ößen im Bundesland. Wie viele Bau- und Handwerksb­etriebe trifft auch Schitter der Fachkräfte- und Lehrlingsm­angel. „Ich würde auf der Stelle 20 Leute einstellen, wenn ich sie bekäme.“

Nun wird er aktiv. „Das finde ich sinnvoller, als über die Politik zu jammern.“Um junge Menschen für handwerkli­che Berufe zu begeistern, hat er ein Projekt aus der Taufe gehoben. Gemeinsam

mit den 55 Schülern der Polytechni­schen Schule Tamsweg baut er ein Haus. „Jeden Montag hole ich sie mit einem eigens angeschaff­ten Bus ab und wir verbringen den ganzen Tag auf der Baustelle.“

Durchgemac­ht werden sämtliche Gewerke, von der Planung über Maurer- und Zimmererar­beiten bis zum Dachdecken. Dafür

hat sich Schitter Partnerbet­riebe aus ganz Salzburg ins Boot geholt. Er selbst ist bei den Terminen dabei. „Wir betonieren die Bodenplatt­e auf meinem Firmenbauh­of, dann wird das Haus per Tieflader von Betrieb zu Betrieb gebracht. „Die Schüler schnuppern nicht nur, sie dürfen überall ran, spüren, wie sich die Arbeit eines Maurers oder Elektriker­s anfühlt, was alles zu tun ist, wie es auf der Baustelle riecht.“

Bis zum Ende des Schuljahrs ist die Fertigstel­lung geplant. Für einige Wochen soll das Haus im Schulhof stehen, dann unter Umständen für einen guten Zweck versteiger­t werden.

Roland Petzlberge­r, Direktor der Polytechni­schen Schule, ist begeistert: „Wir arbeiten ohnehin praxisnah, aber das sie direkt auf der Baustelle die Berufe kennenlern­en, ist perfekt.“

Mario Schitter freut sich über die Begeisteru­ng der Jugendlich­en. Schon am ersten Projekttag habe sich für ihn die Sinnhaftig­keit ganz klar gezeigt: „Wir sind zur Architekti­n gefahren. Alle Schüler haben vorher betont, dass sie diese Tätigkeit nicht interessie­rt. Danach haben zwei gesagt, dass sie das später beruflich machen wollen.“

Eine massive Antriebsfe­der sei auch seine eigene Erfahrung. „Aus irgendwelc­hen Gründen wollte ich Nachrichte­ntechniker werden. Einen Tag vor Lehrantrit­t habe ich eine Absage bekommen.“Schitter begann eine Maurerausb­ildung. „Gott sei Dank, als Nachrichte­ntechniker wäre ich nie glücklich geworden.“Über mehrere Etappen arbeitete sich der Lungauer hoch – bis zum Chef eines Großuntern­ehmens. „Was man gern macht, macht man gut und dann kommt man auch weiter. Davon bin ich fest überzeugt.“

Das Image der Handwerksb­erufe aufzuwerte­n sei ein erwünschte­r Nebeneffek­t. „Wenn ein 16-Jähriger unbedingt Maurer werden will und ihm die Erwachsene­n postwenden­d sagen, er soll besser Matura machen, dann blutet mir das Herz.“

„Ich war selbst nah dran, den falschen Beruf zu ergreifen.“Mario Schitter, Unternehme­r

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BILD: SN/RECONGROUP Die Poly-Schüler lernen die Arbeit in vielen Branchen hautnah kennen. Eine wichtige Basis für die spätere Berufswahl, sagt Mario Schitter (l.).
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