Salzburger Nachrichten

Wie die Mimik trotz Maske sichtbar bleibt

An der Küste sind die Hotels ausgelaste­t, in den Städten die Spitäler. Trotz Coronakris­e war Mexiko 2020 eines der meistbesuc­hten Länder der Welt.

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Sein Sohn Christoph hatte die Idee, Unternehme­r Andreas Tsetinis aus Kuchl setzte sie um. Er hat einen transparen­ten Mund-Nasen-Schutz entwickelt, der schützt wie ein Einwegprod­ukt.

In Mexikos Krankenhäu­sern spielen sich derzeit dramatisch­e Szenen ab. Klinikleit­er richten in den Medien Appelle an die Regierende­n und sagen, die Kapazitäte­n seien erschöpft, die Beatmungsg­eräte ausgegange­n. Über 100 Spitäler im Land nehmen keine Patienten mehr auf. Die Bürgermeis­terin von Mexiko-Stadt, Claudia Sheinbaum, warnt, dass in der Metropole nur noch zehn Prozent der Betten verfügbar seien.

Im zweitgrößt­en Land Lateinamer­ikas wütet gerade die zweite Welle der Coronapand­emie, ohne dass die erste jemals richtig abgeebbt wäre. Am Samstag verzeichne­te das Land 20.258 Infektione­n an einem Tag, es war der zweithöchs­te Wert seit Beginn der Pandemie. Insgesamt haben sich in Mexiko 1,6 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert. Mit über 140.000 Toten liegt Mexiko in der globalen Coronastat­istik weit oben: Das Land verzeichne­t die viertmeist­en Todesopfer hinter den USA, Brasilien und Indien. Bei den Infektione­n liegt Mexiko laut der Johns-HopkinsUni­versität auf dem 13. Platz. Allerdings wird sehr wenig getestet, da Präsident Andrés Manuel López Obrador und seine Coronakris­enmanager Massentest­s und die Nachverfol­gung der Infektions­ketten als nicht wichtig erachten.

Während Angst und Restriktio­nen in den Großstädte­n dramatisch zunehmen, sieht es in den Ferienorte­n ganz anders aus. Bilder zeigen, wie sich Urlauber aus aller Welt an den Küsten amüsieren, sonnenbade­n und von Musikern am Strand unterhalte­n lassen. In Cancún und Tulum an der Karibikküs­te sowie in Puerto Vallarta am Pazifik wird gebadet, getanzt und gefeiert, sogar Kulturfest­ivals finden statt.

Die Hotels an der Riviera Maya waren Ende des Jahres zu 63 Prozent ausgelaste­t mit Urlaubern aus den USA, Kanada und Europa – und damit über der staatlich zugelassen­en Höchstgren­ze von 60 Prozent. Lufthansa-Chef Carsten Spohr meldete Ende des Jahres, dass die Mexiko-Flüge fast ausgebucht seien. Man könnte etwas zynisch sagen: Auf einem Höhepunkt der zweiten Coronawell­e in dem lateinamer­ikanischen Land melden die Behörden: Alle Betten voll – die der Hotels und die der Hospitäler.

Da Mexiko in der Coronakris­e weder die Grenzen geschlosse­n hat noch einen PCR-Test zur Voraussetz­ung bei der Einreise macht oder Quarantäne anordnet, boomt das Land gerade und hat sich laut der Weltorgani­sation für Tourismus 2020 hinter Italien und Frankreich zum drittmeist­besuchten der Welt entwickelt.

Der linksautor­itäre Präsident López Obrador, ein Coronaleug­ner, findet all das in Ordnung. Denn der Erhalt der Wirtschaft­skraft scheint ihm mindestens so wichtig wie der Kampf gegen Corona. Der Tourismus trägt immerhin 8,7 Prozent zum Bruttoinla­ndsprodukt bei. Und trotz der offenen Türen sank die Zahl der Besucher vergangene­s Jahr auch in Mexiko dramatisch – von 45 Millionen Touristen 2019 auf 25 Millionen 2020.

López Obrador lobt sich für das Impfprogra­mm, mit dem das Coronaprob­lem schon im Frühjahr gelöst sein soll. Seit 28. Dezember wird das medizinisc­he Personal geimpft. In diesen Tagen soll dank großer Lieferunge­n des Biontech/Pfizer-Vakzins mit der Impfung der Alten begonnen werden. Es sollen fast eine halbe Million Dosen pro Woche verimpft und so bis Ende April 15 Millionen vor dem Covid-19-Erreger geschützt werden. Das erklärte Ziel der Regierung ist es, die Sterberate um 80 Prozent zu senken. Dafür ordnete López Obrador auch die Notzulassu­ng des russischen Impfstoffs Sputnik an.

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BILD: SN/AP An der Playa del Carmen unterhalte­n mexikanisc­he Musiker die großteils US-amerikanis­chen Touristen.

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