Und jetzt das Kanzleramt, Herr Laschet?
Die CDU stellt Armin Laschet an ihre Spitze. Für den Ministerpräsidenten war es eine wichtige Wahl. Doch die eigentliche Arbeit fängt erst an.
Die Atmosphäre beim digitalen CDU-Parteitag am Samstag wirkte trostlos: Die drei Anwärter für den CDU-Vorsitz mussten ihre Reden ohne Publikum abhalten. Es gab keinen Beifall, keine Jubelrufe. Doch einer schaffte es, so etwas wie Emotionen in den Parteitag zu bringen. Armin Laschet erzählte eine Geschichte von Vertrauen und Zusammenhalt, illustriert an seiner eigenen Familiengeschichte. Sein Vater war ein Bergmann in einer heute stillgelegten Zeche. Als Glücksbringer hatte der 59-jährige Regierungschef des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen die Bergmannsmarke seines Vaters dabei.
Laschet spannte in seiner Rede auch den Bogen zu den großen politischen Themen: zur aufkommenden Gefahr durch Rechtsextremisten, zur Notwendigkeit eines starken, geeinten Deutschlands. „Die CDU braucht keinen CEO, sondern einen Mannschaftskapitän, der führt und zusammenführt“, sagte er an einer Stelle – es war eine Breitseite gegen seinen Gegenspieler Friedrich Merz, Liebling der Konservativen und der Wirtschaft.
Weder Merz noch der ebenfalls um das Amt buhlende Außenpolitiker Norbert Röttgen konnten der emotionalen Ansprache von Laschet etwas entgegenhalten. Der NRW-Ministerpräsident wurde am Samstag zum Vorsitzenden der Christdemokraten gewählt. Mit der Wahl beendete die CDU eine fast einjährige Hängepartie, nachdem Annegret Kramp-Karrenbauer im Februar 2020 ihren Verzicht auf eine erneute Kandidatur für den CDU-Vorsitz erklärt hatte.
Merz, eigentlich für seine rhetorischen Fähigkeiten gefeiert, hielt eine hölzerne, inhaltlich etwas chaotische Rede. Röttgen wählte das Format der typischen Parteitagsrede, die nette Botschaften enthielt, aber kein Feuer entfachte.
Laschet ging auch auf den ihm anhaftenden Ruf ein, er sei bloß die Fortführung der Politik von Angela Merkel und stehe nicht für Aufbruch, sondern für ein „Weiter-so“. „Weiter so“, sagte er, „ist Kontinuität des Erfolgs“und heiße nicht automatisch, alles so weiterzumachen wie bisher. „Wir werden sehr viel neu machen müssen.“
Knapp 1000 Delegierte setzten Laschet letztlich im zweiten Wahlgang
„Die CDU braucht keinen CEO, sondern einen Mannschaftskapitän.“
Armin Laschet, CDU-Vorsitzender
gegen Friedrich Merz deutlich mit 521 zu 466 Stimmen an die Spitze. Die Mehrheit der Mandatsträger in der Partei will den bewährten Weg fortführen. Experimente mit einem polarisierenden Friedrich Merz scheuen viele mit Blick auf ihre eigenen Posten.
Der Sieg von Armin Laschet im Ringen um den CDU-Vorsitz generierte gleich drei Verlierer: die beiden Mitbewerber Norbert Röttgen und Friedrich Merz, zudem Gesundheitsminister Jens Spahn. Röttgen nahm seine Niederlage sportlich hin und wird künftig im CDUPräsidium mitwirken. Doch Friedrich Merz manövrierte sich am Samstag möglicherweise endgültig ins politische Abseits.
Kurz nach seiner Niederlage gegen Laschet bot er dem neuen CDUChef an, in der aktuellen Bundesregierung ins Wirtschaftsministerium zu wechseln. Das ist ein Affront gegen den amtierenden Wirtschaftsminister und Parteikollegen Peter Altmaier – und es offenbart Merz’ ungebrochene Überheblichkeit. Der frühere Finanzlobbyist glaubt auch nach seiner zweiten Niederlage im Ringen um den CDUVorsitz, an ihm führe in der Partei kein Weg vorbei. Kanzlerin Merkel ließ prompt mitteilen, dass sie keinen Umbau ihres Kabinetts plane.
Und Jens Spahn? Der 40-Jährige lotete zuletzt seine eigenen Kanzlerambitionen aus. Doch den holprigen Impfstart in Deutschland lasten viele dem Gesundheitsminister persönlich an, seine Beliebtheitswerte sinken. Nun hat er beim Parteitag auch noch schlechten Stil gezeigt, als er in der Fragerunde eine Werbebotschaft für Armin Laschet platzierte. Das kam im Merz-Lager gar nicht gut an. Spahn hat sich dafür am Samstag entschuldigt. Doch die Delegierten straften ihn bei der Wahl ins CDU-Präsidium mit dem schlechtesten Ergebnis aller Anwärter ab.
Offen bleibt, wer die Union als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl im Herbst führen wird. Ob Laschet ins Rennen steigt, entscheidet sich vermutlich erst im März nach den Landtagswahlen in BadenWürttemberg und Rheinland-Pfalz. Verliert die CDU in beiden Bundesländern, wäre ein vorzeitig zum Kanzlerkandidaten ausgerufener Armin Laschet im wichtigen Wahljahr bereits geschwächt. Aber auch eine Niederlage der Christdemokraten im März muss nicht das Kanzler-Aus für Laschet bedeuten.
Jedoch steht auch im Raum, ob nicht der bayerische Ministerpräsident Markus Söder als Kanzlerkandidat der Union ins Rennen gehen soll. Diese Frage wollen die CDU und die Schwesterpartei CSU voraussichtlich im Frühjahr klären.