Salzburger Nachrichten

Gelandet und sofort festgenomm­en

Nach fünf Monaten kehrt der Kremlkriti­ker Alexej Nawalny nach Moskau zurück – und wird an der Passkontro­lle von Beamten mitgenomme­n.

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MOSKAU. „Ich bin total glücklich“, sagt Alexej Nawalny, als er aus dem Bus im Moskauer Flughafen Scheremetj­ewo steigt. Fünf Monate nach seiner Vergiftung mit dem Nervengift Nowitschok sei er endlich zu Hause angekommen. „Ich habe keine Angst.“Zusammen mit seiner Frau Julia und Sprecherin Kira Jarmysch geht er danach zur Passkontro­lle – und wird festgenomm­en. Seine Frau Julia und Nawalnys Anwältin lässt man einreisen.

Es sei ein „historisch­es Ereignis“, betonen liberale Politologe­n und

Medienscha­ffende an diesem Tag. Das Regime wählt derweil die billigste Variante, um auf die Rückkehr seines schärften Gegners zu reagieren: Sie lässt das Flugzeug mit Nawalny umleiten. Den Passagiere­n erklärt man offenbar, es sei in Wnukowo, wohin es hätte fliegen sollen, zu einem Unfall gekommen.

Mehrere Hundert Menschen erwarten Nawalny in Wnukowo. Weil sie aus dem Flughafeng­ebäude von der Sonderpoli­zei OMON herausgedr­ängt werden, harren sie stundenlan­g bei minus 27 Grad aus. „Es ist meine Pflicht, hier zu sein, um zu zeigen, dass Russland Veränderun­gen braucht“, sagt ein junger Mann, der sich als Pawel vorstellt. Im und vor dem Gebäude kommt es zu mehreren Festnahmen. Die Ausfallstr­aßen von Wnukowo wurden nach der Umleitung des Fliegers gesperrt, die Einfahrtst­raßen nach Scheremetj­ewo ebenfalls.

Es ist eine Festnahme mit Ansage. Ende Dezember hatte der russische Strafvollz­ugsdienst (FSIN) erklärt, Nawalny verstoße gegen die Auflagen seiner Bewährungs­strafe. Diese reicht in das Jahr 2014 zurück. Zusammen mit seinem Bruder Oleg soll Alexej Nawalny den Kosmetikko­nzern Yves Rocher betrogen haben. Oleg Nawalny kam für 3,5 Jahre in Haft, Alexejs Strafe wurde damals zur Bewährung ausgesetzt. Während des Prozesses hatten Vertreter von Yves Rocher die Vorwürfe stets bestritten, die Nawalny-Brüder sprachen von politisch motivierte­n Anschuldig­ungen. Diese Bewährung, die am 30. Dezember ausgelaufe­n wäre, soll nun in eine reale Strafe umgewandel­t werden. Die Erklärung

des FSIN ist plump: Nawalny habe die Behörde, während er sich in Deutschlan­d aufgehalte­n habe, nicht über seinen Aufenthalt­sstatus informiert. Der Gerichtste­rmin ist für 29. Jänner anberaumt. Zudem hat sich die Justiz ein weiteres Verfahren einfallen lassen: Nawalny soll Spendengel­der unterschla­gen haben, um davon seine Urlaube zu bezahlen.

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BILD: SN/AP Nawalny und seine Frau Julia nach der Landung in Moskau.
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