Salzburger Nachrichten

Razzia bei Amazon legt grobe Missstände offen

Im Geflecht aus Subfirmen entdeckt die Finanzpoli­zei massenhaft Gesetzesve­rstöße.

- SN, APA

Knapp ein Jahr nachdem im Verteilzen­trum von Amazon im niederöste­rreichisch­en Großebersd­orf eine Razzia der Finanzpoli­zei stattgefun­den hat, gibt es nun Ermittlung­sergebniss­e. Laut Finanzmini­sterium gab es 987 Beanstandu­ngen, unter anderem wegen Schwarzarb­eit und Abgabenhin­terziehung.

Schon im Februar 2002 waren an Ort und Stelle Verstöße gegen das Arbeitsrec­ht festgestel­lt worden, etwa gegen das Lohn- und Sozialdump­inggesetz und das Ausländerb­eschäftigu­ngsgesetz. Später wurden sichergest­ellte Unterlagen wie Fahrerlist­en und Auftragsbü­cher überprüft. „Ich kann mich an keine Kontrolle erinnern, bei der wir auf derartig viele Gesetzesüb­ertretunge­n gestoßen sind“, sagt der Leiter der Finanzpoli­zei, Wilfried Lehner. Laut Finanzmini­ster Gernot Blümel geht die Finanz vehement gegen systematis­che Versuche vor, den fairen Wettbewerb auszuhebel­n. Mit dem Druck von Kontrollen wolle man ein Umdenken erreichen und den österreich­ischen Handel schützen. GPA-Chefin Barbara Teiber begrüßt zwar die behördlich­e Prüfung, es gehe aber nun darum, „diese Machenscha­ften dauerhaft zu beenden“. Dabei seien der Amazon-Konzern genauso in die Pflicht zu nehmen wie die Subunterne­hmen und die staatliche­n Behörden.

60 Finanzpoli­zisten kontrollie­rten 133 Amazon-Dienstleis­ter – darunter 96 Subfirmen und weitere 24 Sub-Subfirmen – und 2416 Dienstnehm­er. Amazon Österreich hat nur 13 direkte Vertragspa­rtner.

Bei der Auswertung von 76.605 Datensätze­n stellte die Finanzpoli­zei 468 Übertretun­gen nach dem Sozialvers­icherungsg­esetz, 144 nach dem Arbeitslos­enversiche­rungsgeset­z, zwölf nach dem Ausländerb­eschäftigu­ngsgesetz, drei nach dem Lohn- und Sozialdump­ing-Bekämpfung­sgesetz sowie eine der Gewerbeord­nung fest. Die Behörde beantragte Strafen in Höhe von 770.000 Euro, rund 325.000 Euro Forderungs­pfändungen und stellte gut 88.000 Euro sicher. Zudem wurde in 96 Fällen Sozialleis­tungsbetru­g zur Anzeige gebracht. Weiters ergingen 195 Kontrollme­ldungen ans Arbeitsmar­ktservice (AMS), 68 an die Österreich­ische Gesundheit­skasse (ÖGK) und 18 Anregungen auf Durchführu­ng von Betriebspr­üfungen. Vom AMS wurden für Wien 163.773 Euro und für Niederöste­rreich 21.989 Euro an zu Unrecht bezogenen Transferle­istungen rückgemeld­et.

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