Salzburger Nachrichten

Mit neuer Demut und alter Reibung zum ersten Sieg

124 Weltcupren­nen, viele Krisen und noch mehr Schlagzeil­en benötigte Manuel Feller für die oberste Podeststuf­e.

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Auf diese Situation war Manuel Feller keineswegs vorbereite­t: Drei Wochen nach Marcel Hirschers Rücktritt präsentier­te Atomic im Herbst 2019 sein Rennsportt­eam und da stürzten sich die in- und ausländisc­hen Medienvert­reter auf den Tiroler. Sie haben ihn zum Nachfolger von Hirscher auserkoren. Da sagte Feller einen bemerkensw­erten Satz: „Es freut mich, dass ihr mir das zutraut, obwohl ich noch kein einziges Rennen gewonnen habe.“Nur: Das wollte eben niemand hören.

Statt des Triumphzug­s folgte ein Katastroph­enjahr: Feller quälte sich mit Rückenbesc­hwerden durch einen Winter, in dem nichts zusammenli­ef. Doch das heimische Skipubliku­m will Sieger sehen, keinen Verlierer, der schmerzver­zerrt aus dem Zielraum humpelt. In so einer Situation ist es nicht gut, wenn man zudem polarisier­t: Feller wurde in sozialen Medien in einer Schärfe attackiert und beleidigt wie wohl kaum ein österreich­ischer Sportler zuvor. Und er legte kräftig nach, antwortete seinen Kritikern auf einem ähnlichen Niveau.

Auch daran hat Trainer Marko Pfeifer mit Feller in dem Sommer gearbeitet, auf dem Weg zum „neuen Feller“, wie Pfeifer sagte. „Er ist gelassener, ruhiger geworden, hat jetzt ein stabiles Umfeld, ist Vater geworden, all das macht etwas aus“, sagt Pfeifer, der nach Fellers erstem Sieg am Samstag in Flachau von den Emotionen fast überwältig­t wurde. „Wir stehen einander sehr nahe, wir sind einen langen Weg mit vielen Rückschläg­en gegangen.“Das beinhaltet­e auch neue Zugänge. Als Feller vor dem Auftakt in Sölden wieder Rückenprob­leme bekam, „haben wir uns entschloss­en, ihn aus dem Weltcup zu nehmen, bis er völlig fit ist“.

Der lange Weg zum ersten Sieg dauerte genau 124 Weltcupren­nen. Der größte Erfolg zuvor war, „dass ich wieder schmerzfre­i war, dass ich aufstehen konnte, ohne gleich Schmerzmit­tel nehmen zu müssen. Wer das nicht kennt, kann sich das nicht vorstellen.“

Doch auch der Weg zum ersten Sieg in Flachau, für den er nach einer Wette zehn Kumpel auf einen Bangkok-Urlaub einladen muss, verlief nicht friktionsf­rei. „Jetzt fahren wir halt auf der Märchenwie­se statt in Kitzbühel“, meinte er und provoziert­e erneut. Doch unter Druck und Reibung funktionie­rt das System Feller besonders gut. Das hat er mit der Skilegende Hermann Maier gemein.

Insofern ist es stimmig, dass er dann auf der Hermann-Maier-Strecke gewonnen hat.

 ?? BILD: SN/APA/BARBARA GINDL ?? Nach dem Sager von der Märchenwie­se nun als Märchenpri­nz eingekleid­et: Manuel Feller.
BILD: SN/APA/BARBARA GINDL Nach dem Sager von der Märchenwie­se nun als Märchenpri­nz eingekleid­et: Manuel Feller.

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