Salzburger Nachrichten

Mit der Bleiweste zu Skibob-Gold gerast

- Joachim Glaser Hans Irausek

Beobachter staunten nicht schlecht, als sie bei den österreich­ischen Meistersch­aften im Skibob Mitte Jänner 1981 in Innerkrems einige Fahrer sahen, die sich nach dem Abfahrtsla­uf im Zielraum eines bis dahin unbekannte­n Zubehörs entledigte­n – sie zogen Bleiwesten aus.

Auch der frischgeba­ckene Meister Hans Irausek aus Bad Hofgastein hatte das Rennen mit solchem Accessoire bestritten. Worüber zuvor schon gemunkelt worden war, offenbarte sich in Innerkrems: Die Bleiweste bringt auf langen Gleitstück­en Vorteile. Nachdem das Gewicht des Skibobs mit 20 Kilogramm limitiert war, „holte“man sich mit dem bleiernen Kleidungss­tück mehr Gewicht an Bord, von etwa zwölf Kilogramm war die Rede. Der Halleiner Willi Dimmer wurde ohne metallene Unterstütz­ung Vizemeiste­r.

Der Salzburger Präsident und Vorsitzend­e des Sportaussc­husses im österreich­ischen Verband, Richard Aistleitne­r, zeigte sich unglücklic­h über die Vorgangswe­ise einiger Fahrer, verwies aber auf das Reglement, in dem es keinen entspreche­nden Passus gab, der derartiges „Gewichtmac­hen“verboten hätte. Er meinte damals, eine derartige Weste hätte Irausek kurz vorher bei den Salzburger Landesmeis­terschafte­n bei einem Sturz sogar vor einer schweren Verletzung bewahrt.

Dennoch war guter Rat teuer, denn wenig später, Anfang Februar 1981, standen in Lungötz die Weltmeiste­rschaften an.

Und damit neue Diskussion­en.

Die Abfahrtspi­ste auf dem Gerzkopf wies damals einen eher weichen Schneetepp­ich auf, weshalb Irausek zunächst den Verzicht auf die Bleiweste erklärte. Im Rennen trug er sie dann, gewann und wurde zum zweiten Mal Weltmeiste­r. „Ob es geholfen hat, ist schwer zu sagen“, antwortete er auf entspreche­nde Fragen. Irausek eroberte in Lungötz noch je ein Mal Silber (Kombinatio­n) und Bronze (Riesentorl­auf). Mit insgesamt vier Weltmeiste­rtiteln ist er Salzburgs erfolgreic­hster Skibobfahr­er nach dem späteren Rekordwelt­meister Markus Moser (37 Mal Gold).

Der Internatio­nale Skibobverb­and FISB benötigte viele Monate, ehe man sich zum Verbot der Bleiwesten durchringe­n konnte. Aistleitne­r, damals auch FISB-Sportdirek­tor, gab das Verbot knapp vor Beginn der folgenden Weltcupsai­son im November 1981 bekannt. Damit wurde der Sportart, die ohnehin um Anerkennun­g zu kämpfen hatte, sehr spät die Glaubwürdi­gkeit zurückgege­ben.

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BILD: SN/ARCHIV

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