Dank Corona: Stress oder Langeweile
Fast eine Million Menschen sind arbeitslos oder in Kurzarbeit. Andererseits hat sich auf viele der Druck im Job erhöht. Zwei Betroffene erzählen.
Fast eine Million Menschen in Österreich sind arbeitslos oder in Kurzarbeit. Auf der anderen Seite hat sich auf viele, die einen Job haben, der Druck erhöht. Zwei Betroffene erzählen, wie es ihnen gerade geht.
„Schleich di’, du Trampel“
SALZBURG. Die Arbeit nahe am Menschen habe ihr immer Freude bereitet, sagt Sonja Spitaler. „Und wir machen gerade viel Umsatz, das hält uns schon auch aufrecht.“Doch die Belastungsgrenzen würden immer öfter erreicht. Nicht nur, was die Arbeit selbst betrifft, wenn Regale statt früher drei Mal am Tag jetzt alle zwei Stunden oder stündlich aufgefüllt werden müssen. „Die Kunden werden jetzt deutlich aggressiver“, sagt die 56Jährige. Wegen des großen Andrangs im Lebensmittelhandel seien Artikel mittlerweile nicht mehr ständig verfügbar. Dann werde ein gleichwertiges Produkt zum selben Preis angeboten. Kürzlich sei sie deshalb von einem aufgebrachten Kunden mit „Schleich di’, du Trampel“beschimpft worden. „Die Stimmung geht runter, man merkt, die Menschen sind frustriert“, sagt Spitaler. Am Anfang der Pandemie sei man im Lebensmittelhandel noch geschätzt worden, „jetzt sind wir für viele wieder selbstverständlich“. Und Reibebaum im Coronaverdruss.
Sonja Spitaler ist Betriebsrätin im Interspar in Salzburg-Lehen mit rund 100 Beschäftigten. Sie selbst ist seit 30 Jahren in der Branche. Nach den Kindern sei sie von der Bilanzbuchhaltung in den Handel gewechselt. Ob sie Angst vor dem Virus hat bei so viel Personenkontakt? „Darüber denkt hier keiner mehr nach, wir machen unseren Job“, antwortet Spitaler. Tatsächlich zähle man seit Monaten sehr wenige Krankenstände. Einige würden wohl auch erst krank, wenn der Stress nachlasse. „Und irgendwann muss die große Belastung ein Ende nehmen, sonst haben wir bald viele psychisch kranke Leute.“An den Kassen und in der Bedienung würden die Kollegen besonders viel abbekommen. „Wenn ein Kunde beim Anstellen keinen Abstand hält, dann wird dafür die Mitarbeiterin an der Kassa angepflaumt“, sagt Spitaler. Tagtäglich beobachtet sie: „Das Abstandhalten ist für die meisten Menschen das Allerschwierigste.“Sie wünsche sich hier mehr Kontrolle. Vor Weihnachten habe sie den Markt an einem Tag fünf Mal kurzfristig zusperren müssen, „so arg war der Andrang“.
Zuletzt seien viele Überstunden angefallen, sei personell auch aufgestockt worden. Sie selbst habe ihre Arbeitszeit um wöchentlich fünf Stunden erhöht. Natürlich höre sie aus der Belegschaft auch Sätze wie: „Die Wirte gehen gerade ein, und wir müssen arbeiten bis zum Umfallen.“Umgekehrt wachse in der Bevölkerung der Neid auf den Arbeitsplatz. „Es gibt immer wieder Kunden, die uns sagen, wir sollen froh sein, dass wir Arbeit haben.“Natürlich sei sie froh, aber als Betriebsrätin denke sie auch daran, dass es in Zukunft wieder schwerer werde, Lohnerhöhungen durchzusetzen. „Es gibt jetzt viele Menschen, die einen Job suchen, da steigen keine Löhne.“Das Brutto-Einstiegsgehalt für eine Vollzeitstelle liege derzeit bei 1714 Euro.
Gestresst fühlt sich Spitaler von den sich ständig ändernden Coronaverordnungen. „In einer Woche sollen wir alle hier FFP2-Masken tragen, das kommt ein bissel überstürzt, einige versetzt das gerade in Panik.“Für die Betriebsrätin steht fest: „Spätestens jetzt braucht es eine bezahlte Maskenpause.“„Mn