Das Filmfestival findet erstmals online statt
MAGDALENA MIEDL
Sie war keine Unbekannte: Sie hatte eine Theatergruppe gegründet, war befreundet mit Marcello Mastroianni und dessen Frau Flora Carabella und hatte bei Federico Fellinis „Achteinhalb“als Regieassistentin gearbeitet. Trotzdem, der Anfang war eine Überraschung: „Die Basilisken“aus dem Jahr 1963 war das Debüt der großen Lina Wertmüller und eroberte das Publikum im Sturm. Der semidokumentarische Film berichtete satirisch vom Alltag einer Handvoll arbeitsloser Kleinstadtbewohner in der Basilikata. Bei der Premiere in Locarno wurde er für die beste Regie ausgezeichnet. Es war ein fulminanter Einstieg in Lina Wertmüllers Laufbahn: Zwölf Jahre später wurde sie, als erste Frau überhaupt, für die Politgroteske „Pasqualino Settebellezze“für einen Regie-Oscar nominiert, 2020 bekam sie den EhrenOscar für ihr Lebenswerk.
Was ist bereits in einem Debüt zu entdecken, das das spätere Werk kennzeichnet? Viele Filmfestivals vergeben für Regiedebüts einen eigenen Preis: Erstlingsfilme haben speziellen Reiz, in ihnen steckt oft viel von dem, was sich in der Regisseurin oder dem Regisseur an Herzblut und künstlerischem Mitteilungsbedürfnis aufgestaut hat.
Lina Wertmüllers Debüt ist Teil einer Reihe auf der Streamingplattform MUBI, die sich den Anfängen berühmter Filmschaffender widmet. Unter dem Titel „First Films First“sind „Die Basilisken“in einer brandneuen Restaurierung zu sehen. Außerdem läuft unter anderem „Das Glück meiner Schwester“(1995) von Angela Schanelec über den freischaffenden Fotografen Christian, der sich in die Halbschwester seiner Partnerin verliebt.
Eine weitere Kostbarkeit ist Nuri Bilge Ceylans „Die Kleinstadt“(1997), in der der türkische Regisseur vom Leben im Städtchen Çanakkale erzählt, aus der Perspektive von Kindern. Dann ist da noch Francis Ford Coppolas Horrorfilm „Dementia 13“, mit dem der damals 24-Jährige 1963 debütierte.
Das Max-Ophüls-Festival in Saarbrücken zeichnet überhaupt nur Erst-, Zweit- und Drittfilme aus und ist damit seit über 40 Jahren das wichtigste Festival für junge Filmschaffende aus dem deutschen Sprachraum. Seit Sonntag findet die heurige Ausgabe erstmals online statt, Einzeltickets sind auf der Festivalwebsite zu erhalten.
Im Programm ist auch in diesem Jahr viel Österreichisches, darunter drei Langfilme: Die Dokumentation „Davos“von Daniel Hoesl und Julia Niemann porträtiert das krasse Nebeneinander der beschaulichschweizerischen alpinen Kleinstadt und des World Economic Forum, mit dem einmal im Jahr die Entscheider der ganzen Welt in den Ort einfallen. Sebastian Brauneis zeigt seine boshafte No-Budget-Komödie
„3FREUNDE2FEINDE“inklusive Postenschacher mit Covid-19Schutzmaterialien. Und Arman T. Riahi präsentiert nach seinem Erstling „Die Migrantigen“heuer seinen Zweitfilm „Fuchs im Bau“über Jugendliche, die ihrer Schulpflicht im Gefängnis nachkommen müssen und hier auf zwei unterschiedliche Lehrerpersönlichkeiten treffen.
Ob bei den Debüts in Saarbrücken jemand vom Format einer Lina Wertmüller, eines Francis Ford Coppola dabei ist? Ausgeschlossen ist es nicht.
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