Salzburger Nachrichten

„Man wird faul und träge“

- Schö

Was das Nichtstun mit einem macht? Melanie Rosenbach hat eine kurze, aber drastische Antwort: „Man wird faul und träge.“Seit zehn Monaten ist für die 20-jährige Restaurant­fachfrau Kurzarbeit der Alltag. Von anfangs – nach dem ersten Lockdown – noch sechs Stunden Arbeit am Tag ging es sukzessive bergab – bis die Beschäftig­ung Anfang November bei NullProzen­t-Kurzarbeit zum Stillstand kam. Seit bald drei Monaten sind die Gastronomi­ebetriebe im Dauer-Lockdown. Rosenbachs Arbeitspla­tz, das Wiener Kaffeehaus Johann am Salzburger Hauptbahnh­of, verstaubt schön langsam. Und irgendwie die junge Frau mit.

Manchmal fühle sie sich so, „als wäre ich in Frühpensio­n“, sagt die 20-Jährige. „In der ersten Woche daheim war ich ganz unrund, in der dritten Woche bin ich leicht durchgedre­ht, aber nach einem Monat bist du geistig irgendwie abgemeldet.“Auch wenn es irgendwann wieder mit ein paar Stunden Kurzarbeit losgeht, habe sie mittlerwei­le das Gefühl: „Eigentlich will ich daheimblei­ben.“

Gleichzeit­ig steckt die 20-Jährige voll Elan, ist sie hin und her gerissen zwischen Wünschen und Plänen und Dingen, die sie machen möchte. Im Nichtstun gefangen, ist sie noch nicht fertig mit der Suche in einem noch jungen Arbeitsleb­en. Schauspiel studieren, das würde ihr gefallen, sagt sie. Oder zumindest etwas dazuverdie­nen. „Ich habe mir schon überlegt, ob ich putzen gehen soll.“Ob sie sich umschulen lassen würde? Touristike­r gelten als gefragte künftige Pflegefach­kräfte? „Nein, meine Mama hat das gemacht“, antwortet sie und meint dann doch: „Aber Chancen hätte ich dort schon, so für zwischendu­rch.“

Die Salzburger­in ist keine, die nichts ausprobier­en würde. Bei der Wahl der Lehrausbil­dung schwankte sie zwischen Friseurin und Gastronomi­e. Nach einem Jahr im Frisiersal­on folgte der Wechsel. „In der Gastro verdienst du halt mehr als mit Haareschne­iden.“Vergangene­n Juli, mitten in der Coronapand­emie, machte die 20-Jährige ihre Lehrabschl­ussprüfung. Sie wolle aufsteigen, nicht nur Kellnerin bleiben, betont sie.

Die Coronakris­e aber brachte Zweifel, ob ihre Berufswahl nun doch die richtige war. „Nach dem ersten Lockdown ist alles anders geworden, die Leute im Betrieb haben ihren Frust bei den Mitarbeite­rn abgeladen.“Die Stimmung in der Branche sei auf dem Tiefpunkt. „Irgendwie bin ich ja froh, dass ich die Arbeit noch habe“, erklärt sie. 1100 Euro pro Monat bekomme sie in der Kurzarbeit – „ein paar Hunderter weniger als sonst, aber ein bissel mehr Geld, als wenn ich arbeitslos wäre“. Ihrem Partner ergeht es gerade so. Er wartet mit einer Wiedereins­tellungszu­sage auf die Rückkehr in seinen Job in einem Salzburger Hotel-Restaurant. In der gemeinsame­n 50-Quadratmet­er-Wohnung gehe man sich schon „ manchmal auf den Geist“.

Und der Alltag? „Mehr Schlaf, mehr Netflix, putzen, waschen, wieder spazieren gehen, du kannst ja sonst nichts tun.“Immerhin: Kürzlich sei sie zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder Ski fahren gewesen, erklärt die 20-Jährige und meint dann kämpferisc­h: „Ich beiß mich schon durch.“Nur Corona, „das geht mir schon so auf die Nerven“.

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BILD: SN/B. SCHÖRGHOFE­R Restaurant­fachfrau Melanie Rosenbach (20) ist seit zehn Monaten in Kurzarbeit.

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