Verfassungsschutz ermittelt gegen Coronaskeptiker
„Hardliner“unter Demonstranten diskutierten in Chats eine Übernahme des Parlaments. Die Polizei ist in Alarmbereitschaft.
Das Innenministerium bestätigte gegenüber den SN Ermittlungen des Verfassungsschutzes gegen radikale Coronaskeptiker. In internen Nachrichtengruppen seien vor den Demonstrationen von Samstag radikale Pläne gewälzt worden. Wie aus der Polizei zugespielten Chats hervorgeht, hätten einige „Hardliner“sogar eine „Übernahme des Parlaments“und eine Absetzung des Bundespräsidenten angedacht. Der Verfassungsschutz warnt vor einer „gefährlichen Zeit, in der die Lage schnell kippen kann“.
Bereits für Samstag in einer Woche kündigten die Veranstalter der Samstagdemos wieder eine Großkundgebung gegen die Coronamaßnahmen der Regierung in Wien an. Ob diese genehmigt wird, ist fraglich. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) will zunächst intensiv den letzten Einsatz überprüfen.
Er ist verärgert darüber, dass 10.000 Menschen dicht aneinandergedrängt und großteils ohne Mund-Nasen-Schutz stundenlang ihrem Unmut Luft machten – und die Polizei sie gewähren ließ. „Ziel ist die Gewinnung von Erkenntnissen, wie bei künftigen Versammlungen schon beim Zustrom die Missachtung des Tragens von Mund-Nasen-Schutz und des Mindestabstands sanktioniert werden kann“, hieß es aus dem Innenministerium.
Auch Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl ist sich dessen bewusst, dass die Bevölkerung wenig Verständnis für lärmende Coronaskeptiker hat, die noch dazu Gesetze brechen. 80 Prozent der Teilnehmer hätten keine Masken getragen. Es gab auch Aufrufe, auf den MundNasen-Schutz zu verzichten. „Wir hätten wahrscheinlich in der Anfangsphase noch früher stärker einschreiten können“, sagte Pürstl im APA-Gespräch. Und: „Wir müssen bei der Ahndung von Verwaltungsübertretungen besser werden.“Zudem ermittelt die Polizei in den eigenen Reihen – ein Einsatzleiter fiel durch seinen freundschaftlichen Umgang mit radikalen Demonstranten auf.
Im Verhältnis zu den vielen Delikten, die vergangenen Samstag begangen wurden, gibt es tatsächlich nur sehr wenige Strafbescheide. Die Bilanz laut Polizei: Es erfolgten sechs Festnahmen wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt, 17 Festnahmen nach dem Verwaltungsstrafgesetz, 14 Anzeigen wegen strafrechtlicher und 296 Anzeigen wegen verwaltungsrechtlicher Delikte. Von den 296 Verwaltungsanzeigen entfielen insgesamt 156 auf die Covid-Maßnahmenverordnung. Eine davon wird ziemlich sicher Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erhalten, der ohne Maske das Bad in der Menge suchte.
Ein Organmandat bei fehlendem Mund-Nasen-Schutz (MNS) kostet 25 Euro, das Missachten des Mindestabstands 50 Euro. Kommt es zu einer Anzeige bei der Strafbehörde (Magistrat Wien), so wird es teurer: Die Mindeststrafe für MNS-Verstöße beträgt 50 Euro, für Abstandsverstöße werden 100 bis höchstens 500 Euro eingehoben. Nach den Ausschreitungen von vergangenem Samstag seien die ersten Anzeigen bereits den Bezirksämtern übermittelt worden, hieß es aus der Magistratsdirektion.