Salzburger Nachrichten

EU-Impfpass soll das Reisen erleichter­n

Strittig ist, ob Geimpfte damit Vorrang gegenüber allen anderen haben sollen.

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Die EU-Kommission schlug am Dienstag ein EU-weit gültiges „Zertifikat“über verabreich­te Impfungen vor. Ein solcher Impfpass, anerkannt von allen 27 Staaten, würde den Kampf gegen die Pandemie erleichter­n, so ist sie überzeugt.

Außerdem nennt die Brüsseler Behörde zwei neue Etappenzie­le beim Impfen: Bis Sommer sollen 70 Prozent aller erwachsene­n EUBürger geimpft sein. In der Altersgrup­pe über 80 sollen bis März 80 Prozent der Menschen immunisier­t sein. Um das zu erreichen, solle es mit den Hersteller­n einen „klaren Lieferzeit­plan“mit konkreten Zielen geben, sagte Kommission­svizepräsi­dent Margaritis Schinas.

Am Donnerstag werden die Staats- und Regierungs­chefs darüber beraten. Auf ihrem Videogipfe­l soll es auch um die Frage gehen, ob die Impfung zu voller Reisefreih­eit innerhalb der EU berechtige­n soll. Damit würden alle Europäer mit EU-Impfpass Vorrang gegenüber jenen genießen, die nur einen Reisepass vorweisen können.

Der Vorstoß dazu kam vom griechisch­en Ministerpr­äsidenten Kyriakos Mitsotakis: „Personen, die geimpft sind, müssen frei reisen dürfen.“In Portugal, das ebenfalls stark vom Tourismus abhängig ist, fand er Zustimmung.

Österreich­s Europamini­sterin Karoline Edtstadler (ÖVP) und der Fraktionsc­hef der Europäisch­en Volksparte­i (EVP), Manfred Weber, können sich Reiseerlei­chterungen mit Impfpass vorstellen. „Wenn die Menschen geimpft sind, müssen sie mit einem entspreche­nden Papier

in der EU reisen können“, sagte Weber.

Skeptische­r ist der deutsche Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU). Er sei gegen einen Impfzwang, so hatte er im Dezember deponiert. Ein Unterschie­d zwischen Geimpften und Ungeimpfte­n komme aber einem solchen Zwang gleich.

Die Coronapand­emie hat bereits 400.000 Menschen in der EU das Leben gekostet. Diese Zahl nannte Gesundheit­skommissar­in Stella Kyriakides am Dienstag bei einer Debatte mit den Abgeordnet­en im EUParlamen­t.

Zusätzlich­e Sorge bereitet die neue Virusvaria­nte B 1.7.7. Sie wurde erstmals in Großbritan­nien nachgewies­en, ist hoch ansteckend und verbreitet sich auch auf dem Kontinent.

Bisher sind erst zwei Impfstoffe in der EU zugelassen und im Einsatz: je einer von Biontech/ Pfizer und Moderna. Kyriakides sagte, sie hoffe auf weitere Zulassunge­n innerhalb der nächsten Wochen.

Das betrifft derzeit vor allem den Impfstoff der schwedisch­britischen Firma AstraZenec­a. Das Serum, an dessen Entwicklun­g die Universitä­t Oxford mitgearbei­tet hat, wird in Großbritan­nien bereits verabreich­t. Die EU-Arzneimitt­elbehörde dürfte den Impfstoff am Freitag nächster Woche zulassen.

Indessen fordern die EU-Abgeordnet­en weiter Einsicht in die Verträge, die die EU-Kommission mit den Impfstoffh­erstellern getroffen hat. Bisher durften sie nur jenen mit CureVac einsehen, allerdings in einer Version mit vielen geschwärzt­en Passagen im Text.

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BILD: SN/AFP Stella Kyriakides, die Gesundheit­skommissar­in, im EU-Parlament.

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