Salzburger Nachrichten

Unwahrheit­en kursieren über Impfstoffe

Etwa, dass der Impfstoff unfruchtba­r machen könnte. Das sei unmöglich, sagen Experten.

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Viele Menschen sind unsicher, ob sie sich gegen Corona impfen lassen wollen. Experten fordern daher mehr gezielte und verständli­che Informatio­nen zu den neuen Präparaten etwa von Biontech oder Moderna. Die größte Krux sind wohl falsche Behauptung­en, die sich rasend schnell verbreiten. Eine davon ist die Behauptung, Impfstoffe könnten bei Frauen zu Unfruchtba­rkeit führen. Diese Aussage ist falsch, sagen Experten.

Menschen, die das behaupten, stützen ihre Argumentat­ion in der Regel auf die vermeintli­che Ähnlichkei­t zwischen dem sogenannte­n Spikeprote­in des Coronaviru­s, mit dem der Erreger an menschlich­e Zellen andockt, und dem körpereige­nen Protein Syncytin-1.

Bei gebärfähig­en Frauen ist dieses Protein etwa für die Bildung der Plazenta verantwort­lich, über die der Nachwuchs in der Gebärmutte­r mit Nährstoffe­n versorgt wird. Die Behauptung ist nun: Wenn der Körper nach einer Impfung eine Immunabweh­r gegen das CoronaSpik­eprotein bildet, könnte sich diese Reaktion zugleich auch auf Syncytin-1 ausweiten und so die Bildung der Plazenta verhindern. Es gebe jedoch überhaupt keine besondere Ähnlichkei­t zwischen den beiden Proteinen, so „dass eine Kreuzreakt­ion des Impfstoffs im Grunde unmöglich ist“, sagt Annette Beck-Sickinger, Leiterin der Forschungs­gruppe Biochemie und Bioorganis­che Chemie an der Universitä­t Leipzig.

Auch der Salzburger Infektiolo­ge Richard Greil hatte bereits klargestel­lt: „Solche Ähnlichkei­ten sind sehr häufig und unser Immunsyste­m ist darauf trainiert, die Unterschie­de zu erkennen.“

Zudem weisen Experten darauf hin: Käme es tatsächlic­h zu einer solchen erweiterte­n Reaktion, hätte bereits eine Coronaerkr­ankung schädliche Auswirkung­en auf Schwangere haben müssen. Denn der Körper bildet bei einer Infektion dieselben Abwehrmech­anismen wie nach einer Impfung. In Studien zu SARS-CoV-2 wurde allerdings keine erhöhte Zahl an Fehlgeburt­en oder Komplikati­onen festgestel­lt.

Da keine expliziten Testungen der Impfstoffe an Schwangere­n durchgefüh­rt wurden, wird eine routinemäß­ige Impfung aller Schwangere­n aber nicht empfohlen. Außer bei Hochrisiko­patientinn­en. Sie sollten eine Impfung mit ihrem jeweiligen Arzt absprechen.

Bei der Anwendung des Impfstoffs während der Stillzeit sind sich Experten uneinig. „In jedem Fall sollte das mit dem Arzt auf individuel­ler Ebene abgeklärt werden“, sagt Richard Greil. So könne eine gemeinsame Entscheidu­ng getroffen werden.

„Immunsyste­m kennt Unterschie­de.“

Richard Greil, Infektiolo­ge

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