Der Bürger Trump
Der Ex-Präsident hat den Schutz des Amtes verloren. Es droht eine Prozesslawine.
Ermittlungen werden Fahrt aufnehmen
WASHINGTON, BRÜSSEL. Melania Trump war ultrachic. Für den Abschied von Washington kam sie passend in Schwarz mit einem sündteuren Jäckchen der Nobellinie von Chanel, dazu ein Kleid von Dolce & Gabbana. Passend zu Floridas Sonne erschien sie nach der Landung in einem bunt gemusterten, gut 3000 Euro teuren GucciKleid auf der Gangway.
Möglich, dass das mit Abstand bestgekleidete Mitglied des TrumpClans in nächster Zeit die Garderobe nur wenig ausbaut. Melanias Mann Donald, seit Mittwoch nur noch Bürger statt Präsident, dürften millionenschwere Auseinandersetzungen bevorstehen. Mit dem Amt verlor Trump den Schutz der Immunität, die ihm bislang die größten juristischen Gefahren fernhielt. Und er verfügt nicht mehr über die Macht, Ermittlungen überhaupt zu vereiteln, indem er etwa einen willigen Justizminister entsprechende Anweisungen ausführen ließ.
Auf den Privatmann Trump kommt eine Prozesslawine zu – und Zahlungsverpflichtungen. Trump schuldet der Deutschen Bank laut Medienberichten persönlich deutlich mehr als 300 Millionen Dollar. Geld, das er – folgt man seinen Steuererklärungen – nicht hat. Dafür drohen ihm Nachzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe. Ein Finanzverfahren läuft seit Langem.
Die Marke Trump als Cashcow dürfte vorerst ausgedient haben. Geschäftspartner setzten sich nach dem Sturm auf das Kapitol in Scharen ab und nur als Präsident konnte Trump für Millioneneinnahmen seiner Hotels und Golfclubs sorgen, in die er auf Steuerzahlers Kosten den eigenen Tross, Staatsgäste und das Sicherheitspersonal einbuchte.
Höchst unangenehm dürfte auch der New Yorker Bezirksstaatsanwalt Cyrus R. Vance Jr. werden. Er ermittelt zu Schweigegeldzahlungen, die Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen laut eigenen Aussagen einem Pornostar und einem Ex-Playmate ausgehändigt hat, um ihre Affären mit Trump zu verschweigen. Vance untersucht, ob in diesem Zusammenhang Dokumente der Trump-Firmen gefälscht worden sind, um die Zahlungen zu verschleiern, was letztlich im Vorwurf eines Steuerbetrugs enden könnte.
In einem zweiten Ermittlungsstrang von Vance geht es laut Gerichtsantrag um ein möglicherweise „umfangreiches und kriminelles Verhalten“der Trump-Organisation,
darunter Betrug. Vance fordert für seine Arbeit seit Langem die Herausgabe sämtlicher Steuer- und Finanzunterlagen der vergangenen Jahre, wogegen sich Trump bislang unter Hinweis auf seine Immunität erfolgreich wehrte.
Seit März 2019 geht zudem die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James dem Verdacht nach, das Trump-Imperium habe bei der Immobilienbewertung betrogen: In den Unterlagen sei der Wert des Vermögens aufgebauscht worden, um Kredite zu erhalten, dann wieder heruntergespielt, um Steuern zu vermeiden. Die Ermittlungen gehen auf die unter Eid getätigten Aussagen von Michael Cohen vor dem US-Kongress zurück. Trump hat laut der britischen BBC bislang stets argumentiert, er könne leider nichts dazu sagen: Er sei als Präsident zu beschäftigt.
Dann lauert der Vorwurf der Justizbehinderung bei den Untersuchungen zur Russland-Affäre. Sonderermittler Robert Mueller beantwortete 2019 vor dem Kongress die Frage, ob Trump als Privatmann wegen dieser Straftat angeklagt werden könnte, mit einem knappen „Ja!“.
Im Raum stehen auch die mittlerweile mehr als 60 Vorwürfe sexuellen Missbrauchs, in zwei Fällen sogar von Vergewaltigung. Trump hat das stets dementiert und die Frauen als Lügnerinnen bezeichnet. Eines der angeblichen Vergewaltigungsopfer, eine langjährige Kolumnistin für das „Elle“-Magazin, fordert von Trump vor Gericht Widerruf. Dessen Anwälte verzögerten das Verfahren, nun dürfte es wieder Fahrt aufnehmen. Laut US-Medien könnte eine DNA-Probe des Ex-Präsidenten verlangt werden – um zu prüfen, ob sich auf dem Kleid, das die Frau zum Tatzeitpunkt getragen haben will, seine Spuren finden.