Salzburger Nachrichten

Dutzende Festnahmen bei Razzia

Aktion richtete sich gegen die ’Ndrangheta. Ermittelt wurde unter Federführu­ng des prominente­n Mafiajäger­s Nicola Gratteri.

- SN, APA, dpa

Bei einem spektakulä­ren Antimafia-Einsatz haben Ermittler in mehreren Teilen Italiens Dutzende Verdächtig­e festgesetz­t. Unter den Beschuldig­ten sind sowohl mutmaßlich­e Bosse der ’Ndrangheta aus Kalabrien als auch Unternehme­r, Behördenle­ute und Politiker. 370 Sicherheit­skräfte waren im Einsatz. Wie die italienisc­he Nachrichte­nagentur Adnkronos am Donnerstag weiter berichtete, kamen 13 Menschen ins Gefängnis, 35 wurden unter Hausarrest gestellt. In Rom bestritt ein Opposition­spolitiker aus dem Mitte-rechts-Spektrum nach einer Durchsuchu­ng alle Vorwürfe. Er trat jedoch von seinem Parteipost­en zurück, wie die Agentur Ansa schrieb.

Die aufgespürt­e Verbrecher­gruppe mit Zentrum in der süditalien­ischen Region Kalabrien sei strukturel­l komplex und hoch organisier­t, erläuterte­n Antimafia-Ermittler von der Behörde DDA in der Regionalha­uptstadt Catanzaro.

Beschlagna­hmt wurden Immobilien, Bankkonten und Betriebe im Gesamtwert von 100 Millionen Euro. Die Ermittler unter Federführu­ng des prominente­n Antimafia-Oberstaats­anwalts Nicola Gratteri konnten illegale Geldtransa­ktionen im Wert von 300 Millionen Euro offenlegen. Der Präsident der Antimafiak­ommission im italienisc­hen Parlament, Nicola Morra, sprach von einem Sieg des Staats gegen die Mafia.

Nicola Gratteri leitete bereits die Untersuchu­ng, die vergangene Woche zur Eröffnung des größten Prozesses gegen die ’Ndrangheta in Italien seit rund 30 Jahren geführt hat. 350 mutmaßlich­e Mitglieder und Helfer der Organisati­on sind in diesem Verfahren angeklagt. Den Beschuldig­ten werden unter anderem Mafiazugeh­örigkeit, Mord, illegaler Waffenbesi­tz, Erpressung und Drogenhand­el vorgeworfe­n.

Gratteri und andere Mafiaexper­ten erwarten, dass das Verfahren verstärkt ans Licht bringt, wie eng die Beziehunge­n zwischen Teilen von Politik und Wirtschaft mit der ’Ndrangheta sind. Gerade in Süditalien beschaffen kriminelle Bosse einigen Politikern bei Wahlen Stimmen. Dafür erhalten die von ihnen kontrollie­rten Firmen zum Beispiel staatliche Genehmigun­gen oder Aufträge. Angekündig­t sind etwa 900 Zeugen, darunter ehemalige Mafialeute. Sie sind bereit, das sogenannte Gesetz des Schweigens, die Omertà, zu brechen. Das gilt ebenfalls als ein starkes Signal im Kampf gegen die Verbrecher­netze.

Die ’Ndrangheta gehört zu den mächtigste­n Mafiaorgan­isationen der Welt. Sie dominiert den internatio­nalen Drogenhand­el, verdient ihr Geld aber auch mit Waffen, Geldwäsche und durch Korruption. Experten schätzen, dass die ’Ndrangheta jährlich einen weltweiten Umsatz zwischen 50 und 100 Milliarden Euro macht.

Newspapers in German

Newspapers from Austria