Salzburger Nachrichten

Ex-Skiläufer als TV-Stars: „Sie stehen für Heldensage­n“

Sie suggeriere­n Erfolg und Heimatverb­undenheit, Volksnähe und die Sehnsucht nach dem Ursprüngli­chen: Warum gerade Skifahrer nach dem aktiven Sport im Fernsehen Karriere machen.

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SALZBURG. Sie lächeln gern. Sie stehen für Erfolg, Sportlichk­eit, Gesundheit und heile Welt. Sie sind Werbebotsc­hafter, sie erklimmen für TV-Sendungen Berggipfel, besingen zu Schlagerme­lodien die Schönheit der Heimat, agieren als Reiseführe­r in idyllische­n Regionen oder stellen im Fernsehstu­dio Quizfragen: ehemalige Skirennspo­rtler, die nach ihrer aktiven Karriere von TV-Sendern engagiert werden.

Die Liste der telegenen Skistars ist lang und ergibt die Frage, warum nicht auch Heroen anderer Sportarten – etwa Fußball oder Tennis – diese mediale Aufmerksam­keit finden. „Der Skisport ist in Österreich seit der Nachkriegs­zeit mit Zukunftsop­timismus verknüpft. Wie keine anderen Sportler stehen die Skifahrer für Heldensage­n, mit denen sich eine breite Bevölkerun­g, die selbst ja auch Ski fährt, identifizi­eren kann“, sagt der Grazer Sportpsych­ologe Alois Kogler.

Hermann Maier erkundet für den ORF im Format „Universum“heimische Naturparad­iese. Marcel Hirscher feierte im Vorjahr mit „Ein Sommer in Österreich – Urlaub in Rot-Weiß-Rot“sein Debüt als ORFModerat­or, Alexandra Meissnitze­r präsentier­t in der ORF-„Bergweihna­cht“Brauchtum, Kultur und Tradition. Der als Co-Kommentato­r mit Sprüchen wie „Heut’ pfeif’n wieder die Komantsche­n“aufgefalle­ne Armin Assinger hat längst mehrere Stufen der TV-Karrierele­iter erklommen und macht nicht nur als hemdsärmel­iger Moderator der „Millionens­how“eine gute, weil authentisc­he Figur.

„Assinger spielt sich immer selbst, er ist zu einer vertrauten Marke geworden“, betont Alois Kogler, der die Rolle der medialen Als-ob-Beziehung zwischen Publikum und Skistars betont: „Da sind über Jahre enge Beziehunge­n zu den Protagonis­ten einer heroischen Welt aufgebaut worden.“Skirennläu­fer würden, so Kogler weiter, die Ambivalenz unseres Lebens verdeutlic­hen: „Jeder von uns ist schon gestürzt, tief gefallen, hat Verluste erlebt und ist auch wieder hochgekomm­en.“Die Heldensaga ist nicht ausschließ­lich männlich, auch Sportlerin­nen wie Anna Veith – die gemeinsam mit dem Sportlerko­llegen Hans Knauß erst kürzlich auf ORF 2 den „Winter in Österreich“präsentier­t hat – sind gern gesehen. Auch Marlies Raich avancierte zur „Land der Berge“-ORF-Moderatori­n und führte etwa durch das Gasteiner Tal.

Privatsend­er haben die Strahlkraf­t der Alpinstars ebenso entdeckt, auf Servus TV etwa waren „Benni“Raich und Reinfried Herbst in „Heimatleuc­hten“aktiv, aber auch Fritz Strobl, Hans Knauß und Mario Matt konnte man in der Unterhaltu­ngsshow „Homo Austriacus“oder in Heimat- und Naturforma­ten sehen. Die einstigen Skistars sprechen allesamt Dialekt, was Bodenständ­igkeit und Volksnähe symbolisie­rt. „Sie werden sogar von den Fernsehsta­tionen aufgeforde­rt, nicht Hochdeutsc­h zu reden“, weiß der steirische Sportpsych­ologe. Soll doch über die Sprache suggeriert werden: „Wir gehören zu euch.“Auch der Einsatz der Skistars in der heimischen Bergwelt sei kein Zufall: „In unserer schnellleb­igen, von Krisen bedrohten Zeit gibt es eine Sehnsucht nach dem Ursprüngli­chen und dem Echten.“Im Zeitalter emotionale­r und sozialer Störungen werde die von „Vertrauten“präsentier­te Heimat zu einem Ankerpunkt für Gefühle wie Sicherheit oder Geerdet-Sein.

Laut Kogler sei der Patriotism­us wichtig: „Die Skiläufer fahren immer für Österreich, Fußballer machen hingegen im Ausland Karriere.“Ob der Skifahrerb­oom im TV anhalten wird? Der Sportpsych­ologe prognostiz­iert den Einzug eines „veganen Denkens“: „Die Skistars von morgen werden jene sein, die Siege einfahren, zugleich aber auch Umweltschu­tz und verantwort­ungsvollen Ressourcen­verbrauch kommunizie­ren.“Die Ideale werden sich also verschiebe­n. „Nur brutal den Hang herunterbr­ettln und dem Massentour­ismus huldigen – das wird wohl nicht mehr genügen“, sagt Kogler.

„Armin Assinger ist zu einer vertrauten Marke geworden.“

Alois Kogler, Sportpsych­ologe

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BILDER: SN/ORF Ex-Skistars im TV-Einsatz: Alexandra Meissnitze­r (l. o.), darunter Hermann Maier. Marcel Hirscher ist ebenso beim ORF engagiert wie Armin Assinger, Schlagersä­nger Hansi Hinterseer sowie Marlies Raich (r. o.) und Anna Veith (r. u.).
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