Salzburger Nachrichten

Die ÖVP nimmt geimpfte Ortschefs in Schutz

Elf Bürgermeis­ter in Salzburg sind bereits gegen Corona geimpft. Begründung: Als Heimbetrei­ber würden Ortschefs zur höchsten Prioritäts­stufe gehören.

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SALZBURG. Die Debatte hätte sich die ÖVP wohl gern erspart. Aber am Donnerstag wurde auch in Salzburg bekannt, was seit Tagen österreich­weit ein Thema ist: Mehrere Bürgermeis­ter haben sich bereits in Seniorenwo­hnheimen gegen Corona impfen lassen. Dem Vernehmen nach haben im Land Salzburg sogar elf ÖVP-Bürgermeis­ter eine Schutzimpf­ung gegen Covid-19 erhalten.

Öffentlich gemacht hat das nur Gerhard Steinbauer, Bürgermeis­ter von Bad Gastein – und zwar in einem Posting am Donnerstag­vormittag auf Facebook. Dabei argumentie­rte er damit, dass es seine Aufgabe sei, regelmäßig Besprechun­gen mit dem Betreiber des Heimes zu führen und Bewohnern regelmäßig Besuche abzustatte­n. Er sei als Bürgermeis­ter auch Vertreter des Rechtsträg­ers des Seniorenhe­ims. Eine Impfung seiner Person sei daher zweckmäßig und sinnvoll. Und: Mit der Impfung sei es ihm nun wieder möglich, neben dienstlich­en Besprechun­gen im Heim den Bewohnern auch wieder Geburtstag­sglückwüns­che zu überbringe­n. Auf solche Besuche würden sich Seniorenhe­imbewohner immer sehr freuen. Gegenüber der Austria Presse Agentur fügte Steinbauer hinzu, dass er von Anfang an in seiner Funktion auf der Prioritäte­nliste der Gemeinde gestanden sei. Er habe sich auch keineswegs vorgedräng­t. Er halte es für richtig, dass er geimpft worden sei. „Nur weil ein paar Menschen glauben, es wäre ein Skandal, habe ich das nicht zurückgezo­gen. Ich will für mich sicher keine Ausnahme, aber es wäre auch eine Ausnahme gewesen, als Einziger wieder von der Prioritäte­nliste genommen zu werden. So viel Selbstacht­ung und Achtung vor dem Amt habe ich“, meinte der Ortschef.

Kein Verständni­s für Steinbauer­s Argumentat­ion hat Salzburgs Neos-Landesräti­n Andrea Klambauer. „Es gibt eine sehr klare Empfehlung des nationalen Impfgremiu­ms: Bewohner und Personal in Seniorenwo­hnheimen und Menschen über 80 Jahre sind vor allen anderen zu impfen. Die Länder haben sich verpflicht­et, diese Empfehlung mitzutrage­n. Wie kann es dann sein, dass sich der VP-Bürgermeis­ter in Bad Gastein impfen lässt, weil er Senioren weiterhin zum Geburtstag gratuliere­n will?“Dieses Verhalten schade dem Vertrauen in die Politik. „Während sich über 80jährige Salzburger erst ab Februar zu einem Impftermin vormerken lassen können, drängeln sich Lokalpolit­iker vor – das ist indiskutab­el“, meinte Klambauer. Und sie nannte auch noch SPÖ-Sozialstad­trätin Anja Hagenauer. Diese war bereits am 27. Dezember in einem Seniorenhe­im geimpft worden. Bekannt wurde das aber erst auf SN-Anfrage am 6. Jänner. Hagenauer habe „diesen unseligen Reigen“an Politikern, die sich vordrängen würden, erst eröffnet, meinte Klambauer.

Wie ist das nun mit den Bürgermeis­tern und dem Impfplan des Landes? Gesundheit­sreferent LH-Stv. Christian Stöckl (ÖVP) sagt auf Nachfrage: „Ich möchte klipp und klar sagen, dass man die Kirche im Dorf lassen muss.“Die Devise sei, dass bei Impfungen in Heimen keine Dosis verworfen werden dürfe. Daher seien Warteliste mit jenen Personen anzulegen, die in die Kategorie 1 der Prioritäte­nliste des nationalen Impfgremiu­ms passen würden, sagt Stöckl. Dazu würden auch Besuchsdie­nste oder die Seelsorge gehören. „Eben all jene, die ein- und ausgehen im Seniorenhe­im.“Dazu habe es am 23. Dezember auch ein Schreiben des Impfkoordi­nators des Landes gegeben. Neben Bewohnern und Mitarbeite­rn könnten auch jene eine Impfung erhalten, die regelmäßig im Heim Dienst versehen. „Und Bürgermeis­ter, die ein- und ausgehen, die mit Bewohnern reden, mit Personal reden, da sage ich, das ist eindeutig mit diesem Schreiben gedeckt. Weit ausgelegt ist das auch als Dienst zu verstehen“, sagt Stöckl. Wobei das für jene Heime gelte, wo die Gemeinde der Rechtsträg­er sei. „Dort ist der Bürgermeis­ter per Gesetz verantwort­lich. Und damit kann man das auf alle Fälle so interpreti­eren, dass der Bürgermeis­ter oberstes Organ des Seniorenhe­ims ist.“Wobei Stöckl einschränk­t, dass Personen auf dieser Warteliste nur mit übrig gebliebene­n Dosen geimpft werden dürften. „Die Betonung liegt auf Restimpfun­g. Solche Leute auf der Warteliste werden also nur mit dem Rest geimpft.“

Aus der ÖVP-Parteizent­rale hieß es, man stehe ganz klar hinter den Bürgermeis­tern. Wenn diese Betreiber bzw. Obmänner der Seniorenhe­ime seien, würden sie in Priorität 1 fallen. Denn dort stünden auch „Personen mit

„Lokalpolit­iker, die sich vordrängel­n. Das ist indiskutab­el.“

Andrea Klambauer, Landesräti­n

einer regelmäßig­en Tätigkeit oder regelmäßig­em Aufenthalt“im Heim. Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer und Vize Stöckl sandten noch am Donnerstag­nachmittag eiligst ein Schreiben an alle Bürgermeis­ter aus. Darin heißt es: „Wir vertreten den Standpunkt, dass all jene Bürgermeis­terinnen und Bürgermeis­ter, die im Rahmen ihrer Aufgabener­füllung regelmäßig in Seniorenwo­hnheimen in Kontakt z. B. mit der Heimleitun­g, dem Personal oder den Bewohnern sind, sehr wohl unter die Priorität I fallen.“

Ob das in Wien so gut ankommt, darf bezweifelt werden. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte am Mittwoch ausdrückli­ch betont, dass er absolut kein Verständni­s für Bürgermeis­ter habe, die sich mit übrig gebliebene­m Corona-Impfstoff immunisier­en ließen, obwohl sie noch nicht an der Reihe seien (siehe dazu Stammblatt, Seite 20).

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Impfstraße­nverkehrso­rdnung . . .
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WWW.SN.AT/WIZANY

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