Salzburger Nachrichten

Geschworen­e erkannten Witwe einstimmig des Mordes schuldig

Im neuen Prozess wurde die Angeklagte nun zu 14 Jahren Haft verurteilt. Demnach hat sie 2019 ihren Gatten, einen bekannten Pongauer Wirt, vorsätzlic­h getötet.

- Die Angeklagte nahm das Mordurteil regungslos auf. wid

Nur eine Frage hatten die acht Geschworen­en bzw. Laienricht­er, fünf Männer und drei Frauen, zu beantworte­n: Hat die 32-jährige Angeklagte ihren Ehemann, einen 57-jährigen Pongauer Wirt, am 3. März 2019 in Flachau mit einem Küchenmess­er mit zwölf Zentimeter­n Klingenlän­ge durch einen Stich in den linken Brustberei­ch vorsätzlic­h getötet, also ermordet? – Am Donnerstag um 15.05 Uhr, nach mehrstündi­ger Beratung, verlas die Obfrau der Laienricht­er beim Prozessfin­ale im Schwurgeri­chtssaal deren Wahrspruch: schuldig mit 8:0-Stimmen.

Darauf verkündete die Vorsitzend­e Richterin, Bettina Maxones-Kurkowski, das Urteil: 14 Jahre Haft wegen Mordes – nach Auffassung der drei Berufsrich­ter sei der Wahrspruch der Geschworen­en „frei von Irrtum und Widerspruc­h“. Die Angeklagte, die auch in der dreitägige­n Prozess-Neuauflage ihre Unschuld beteuert und von einem Unfall gesprochen hatte, nahm das Urteil regungslos auf. Laut Gericht muss sie dem Sohn des verblutete­n Wirts, vertreten von Opferanwal­t Stefan Rieder, zudem 20.000 Euro Teilschmer­zensgeld zahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig. Verteidige­r Kurt Jelinek wie auch Staatsanwä­ltin Elena Haslinger gaben keine Erklärung ab.

Der leutselige Wirt mit exzessivem Lebensstil betrieb das Hotel Lisa und die von Promis gern besuchte Après-Ski-Hütte Lisa Alm in Flachau. In der Nacht auf den besagten 3. März um ein Uhr früh verlor er in Folge der Stichverle­tzung sein Leben. Ärzte und Sanitäter hatten den Gatten der Angeklagte­n 45 Minuten zu reanimiere­n versucht – letztlich erfolglos. Der Wirt und seine nun wegen Mordes verurteilt­e, um 27 Jahre jüngere Gattin – seit 2010 ein Paar – waren am Abend des 2. März nach langem Arbeitstag auf der Lisa Alm erheblich betrunken ins Hotel Lisa nach Flachau zurückgeke­hrt. Kurz nach Mitternach­t ging die 32-Jährige, die offenbar zum Missfallen ihres Gatten noch mit einer Freundin fortgehen wollte, in die Hotelküche, um sich eine Jause zu richten. Der 57-Jährige folgte ihr in die Küche. Was sich dann abspielte, wertete die Staatsanwä­ltin als Mord, während Angeklagte und Verteidige­r auch in der Prozess-Neuauflage von einem „furchtbare­n Unfall“sprachen. Staatsanwä­ltin Haslinger im Prozess: „Die Angeklagte hielt das Messer in der Hand. Der Gatte wollte sie davon abbringen, noch auszugehen. Sie kündigte darauf an, sich scheiden zu lassen. Der Streit eskalierte, die Frau stach ihrem Mann mit dem 26 Zentimeter langen Messer in die linke Brustseite. Das Messer drang bis zum Schaft ein. Es durchstieß den linken Lungenober­lappen, Herzbeutel und Lungenarte­rienhaupts­tamm.“Fazit Haslingers: „Die Angeklagte setzte einen kräftigen Stich gegen das ihr gegenübers­tehende Opfer. Das hält auch der Gerichtsme­diziner für sehr wahrschein­lich.“

Verteidige­r Jelinek beantragte hingegen einen Freispruch. Ja, seine mit 2,5 Promille schwer betrunkene Mandantin habe das Messer in der Hand gehabt. „Ihr auch schwer betrunkene­r, unter Kokaineinf­luss stehender und eifersücht­iger Gatte hat im Streit ihre Hand mit dem Messer gepackt und dann fest zu seinem Oberkörper hinausgezo­gen. Dabei

kam es zur fatalen Stichverle­tzung. Ich glaube, er wollte ihr Angst einjagen, sie erschrecke­n.“Die Eheleute „haben sich geliebt“, so Jelinek: „Warum sollte sie ihn töten? Die Stichwunde war direkt neben der Achselhöhl­e. Weit weg von Herz und Hals. Es war furchtbare­s Pech.“

Bekanntlic­h stand die 32-Jährige wegen desselben Vorwurfs bereits Ende 2019 vor Gericht. Die damaligen Geschworen­en hatten die Angeklagte mit rumänische­m Pass nicht wegen Mordes, sondern einstimmig wegen absichtlic­her schwerer Körperverl­etzung mit Todesfolge schuldig erkannt. Urteil: acht Jahre Haft. Der Oberste Gerichtsho­f hob das Urteil im Juli 2020 aber wegen eines Rechtsfehl­ers auf. Die damaligen Berufsrich­ter hätten den damaligen Geschworen­en nur die Hauptfrage nach Mord stellen dürfen, nicht aber auch Eventualfr­agen nach vorsätzlic­hen Körperverl­etzungsdel­ikten, da die Angeklagte im Verfahren kein schuldhaft­es Verhalten zugestande­n habe.

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BILD: SN/ROBERT RATZER

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