Salzburger Nachrichten

Die Woche der alten Herren

Man muss im Leben Abstriche machen. Genau das hat sich der Lehrling in Zeiten wie diesen gedacht – und sich zum CoronaSchn­elltester ausbilden lassen.

- THOMAS.HOEDLMOSER@SN.AT

Gleich zwei Rekorde wurden diese Woche im Weißen Haus gebrochen: Mit dem 74-jährigen Donald Trump zog der miserabels­te US-Präsident aller Zeiten aus. Und mit dem 78-jährigen Joe Biden zog der älteste Amtsinhabe­r ins Weiße Haus ein – ein Rekord, den bislang Ronald Reagan innegehabt hatte.

Es war, könnte man sagen, die Woche der alten Herren. Und das nicht nur in den USA. In Uganda ließ sich vor wenigen Tagen der 76-jährige Quasi-Diktator Yoweri Museveni in seine sechste Amtszeit hineinwähl­en, um gleich danach einen 38-jährigen Rapper namens Bobi Wine, der ihn bei der Wahl herausgefo­rdert hatte, unter Hausarrest zu stellen. Nicht viel besser erging es Alexei Nawalny, dem momentan populärste­n Kritiker des ewigen Wladimir Putin. Nawalny wurde, nachdem er den Giftanschl­ag des russischen Geheimdien­sts überlebt hatte, gleich bei der Einreise in seine Heimat wieder hinter Gitter gesteckt.

In Deutschlan­d ging es beim ersten digitalen Parteitag der Christdemo­kraten nicht ganz so hart zur Sache. Doch auch dort drehte sich alles um Männer im fortgeschr­ittenen Alter – für den Parteivors­itz standen ausschließ­lich Herren der Altersgrup­pe 55 plus zur Wahl.

Wobei der Vollständi­gkeit halber erwähnt sei: Der am längsten regierende Monarch ist momentan kein Mann, sondern eine Frau: die 94-jährige Queen Elizabeth II. Sie ist immerhin seit 68 Jahren an der Macht – damit hat sie den Rekord ihrer Ururgroßmu­tter, Queen Victoria, schon vor fünf Jahren gebrochen.

Was allerdings nicht heißt, dass das lange Regieren bis ins hohe Alter immer eine Freude ist. 68 Jahre – so lange regierte hierzuland­e einst Kaiser Franz Joseph I. Und was musste der „ewige Kaiser“und längstdien­ende Habsburger in seinem langen Kaiser-Leben nicht alles erdulden: Nicht nur, dass er permanent Kriege verlor und seine Völker aufbegehrt­en. Es gab da auch noch etliche kaiserlich-familiäre Herausford­erungen zu stemmen. Bruder Maximilian wurde als ungeliebte­r Kaiser von Mexiko erschossen, Bruder Ludwig Viktor, genannt „Luziwuzi“, geisterte mit Vorliebe in Frauenklei­dern herum. Und Gemahlin Sisi weilte lieber auf Korfu, wo sie dichtete: O König Wiswamitra, O welch’ ein Ochs bist du! Und dann musste sich Franz Joseph noch über den selbstherr­lichen Neffen und Thronfolge­r Franz Ferdinand ärgern. So regierte der Kaiser lieber selbst bis zum Ende – schließlic­h hatte er eine Mission: „Meine Aufgabe als Kaiser ist es, meine Völker vor ihren gewählten Politikern zu schützen.“

Auch Langzeithe­rrscherin Maria Theresia hatte es während ihrer 40-jährigen Regentscha­ft nicht immer lustig. Von Beginn an musste sie mit einem kriegshung­rigen Flötenspie­ler namens Friedrich II. von Preußen Krieg führen. Nebenbei machten ihr die Kinder Kummer – vor allem die verwöhnte Marie Antoinette,

die zwar erfolgreic­h an den französisc­hen Thronfolge­r vermittelt worden war, aber ebendort jahrelang keinen Nachwuchs vorweisen konnte. Weshalb die Mutter Thronfolge­r Joseph in Paris Nachschau halten ließ, der schließlic­h feststellt­e: Schwester und Schwager seien im Bett „ausgemacht­e Stümper“. Doch auch der zynische und freche Joseph reizte seine Mutter bis aufs Blut, was diese schließlic­h zur Feststellu­ng veranlasst­e: „Zwischen uns waltet ein böses Verhängnis, mit dem besten Willen verstehen wir uns nicht.“

Während die große Habsburger­in in ihren letzten Jahren kaum noch Gefallen fand an der Welt, ließen sich andere die Freude am Herrschen durch nichts und niemanden nehmen – wie Simbabwes Langzeitfü­hrer Robert Mugabe, der am liebsten in alle Ewigkeit regiert hätte und der einmal meinte: „Nur Gott, der mich ernannt hat, wird mich abwählen können.“Ein Satz, der auch von Donald Trump stammen könnte.

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ANDREAS TRÖSCHER
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