Mehrheit ist für Liberalisierung der Sterbehilfe
80 Prozent begrüßen Höchstgerichtsurteil, Justizministerium startet Dialogforum.
Eine große Mehrheit der Bevölkerung ist für einen liberaleren Umgang mit der Sterbehilfe. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Integral finden acht von zehn Österreichern und Österreicherinnen das jüngste Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zum assistierten Suizid gut. Einem Drittel geht die Entscheidung noch zu wenig weit, knapp jeder Zweite kann sich vorstellen, einmal selbst Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen.
Die Studie hat die Österreichische Gesellschaft für ein humanes Lebensende (ÖGHL) in Auftrag gegeben, die sich für eine liberalere Gesetzeslage zur Sterbehilfe einsetzt. Befragt wurden 1000 Österreicher und Österreicherinnen von 16 bis 69 Jahren. Hintergrund ist das VfGH-Urteil vom Dezember 2020, das die Strafbarkeit der Beihilfe zum Selbstmord gekippt hat. In den nächsten Wochen soll es im Justizministerium dazu Gespräche geben.
Laut Umfrage ist die hohe Zustimmung zum VfGH-Erkenntnis, das die Beihilfe zum Selbstmord ab Anfang 2022 generell erlaubt, über das ganze Bundesgebiet in allen Bildungs-, Einkommensschichten und Altersgruppen annähernd gleich hoch. 32 Prozent der Befragten wünschen sich außerdem eine rechtliche Möglichkeit, eine VorabSterbeverfügung
anzuordnen, insbesondere für den Fall von Krankheiten wie Demenz und Alzheimer.
Rund ein Viertel der Österreicher (23 Prozent) meint außerdem, dass auch aktive Sterbehilfe erlaubt sein sollte. Nur neun Prozent möchten am bisherigen Verbot der Sterbehilfe aus dem Jahre 1934 festhalten. Eine Minderheit von elf Prozent wünscht sich ein neues Gesetz, das Sterbehilfe wieder erschwert – auch auf die Gefahr hin, dass es wieder verfassungswidrig sein könnte. Wenn es um die Frage geht, wer Sterbehilfe leisten soll, sehen zwei Drittel der Befragten das in der Hand der Ärzte und Ärztinnen. 57 Prozent finden, dass es professionelle Vereine in Zusammenarbeit mit Ärzten übernehmen sollen. Und 27 Prozent meinen, auch Angehörige
und Freunde sollten dazu befugt sein. Fast jeder Zweite kann sich vorstellen, einmal selbst Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen.
Die Gesellschaft für ein humanes Lebensende sieht sich bestätigt und fordert, dass die Politik die Voraussetzungen schafft, damit Sterbehilfe ab 2022 für alle Betroffenen ohne Hürden und ohne Bevormundung möglich wird. Das Justizministerium hat für Ende April zu einem einwöchigen „Dialogforum Sterbehilfe“geladen. Die Teilnehmer, neben Vertretern der anerkannten Religionsgemeinschaften und deren Hilfsorganisationen die Ärztekammer, Pflegeeinrichtungen, Unis sowie der Verfassungsdienst und das Sozialministerium, sollen dabei die neue Lage und nötige rechtliche Anpassungen diskutieren.