Salzburg schaut in die digitale Zukunft
Festspielstadt? Heimliche Film-Hochburg? Digital-Standort? Ein virtueller „Media Summit“sondiert Zukunftsperspektiven für Salzburg.
Der Zusatz „virtuell“hat auch 2021 wieder gute Chancen, zu einem Wort des Jahres zu werden. Nicht nur bei Kulturveranstaltern haben Lockdowns und Veranstaltungssperren zu einem Umschwenken auf digitale Formate geführt. Auch die heimische Filmwirtschaft geht mit ihren Branchengesprächen heuer erstmals ins Netz. Aus der Reihe „Media & Technology Round Table“, die der Salzburger Produzent und Filmkomponist Hannes M. Schalle vor 15 Jahren initiiert hat, wird heuer ein virtueller „Salzburg Media Summit“. Ab diesem Montag (12. April) sind die Diskussionsrunden und Interviews zu sehen, in denen es um den Medienstandort Salzburg, um Zukunftsfragen der im Land ansässigen Medien- und Musikproduktion und um das aktuelle Thema der Digitalisierung geht.
Ein Jahr nach Beginn der großen Streamingwelle „wollten wir aber nicht einfach Gespräche im Netz übertragen, ich glaube, hier ist mittlerweile ein Abnutzungseffekt eingetreten“, sagt Schalle, der Vorsitzende der Fachgruppe für Film- und Musikwirtschaft in Salzburg. Man habe daher neben zwei breit besetzten Panels zu den Themen Medien und Tourismus sowie Kreativwirtschaft und Digitalisierung Experten und wesentliche Akteure aus Salzburg wie LH Wilfried Haslauer, Lukas Crepaz, den Geschäftsführer der Salzburger Festspiele, SN-Geschäftsführer Maximilian Dasch, Dirigentin Elisabeth Fuchs oder Mozarteum-Rektorin Elisabeth Gutjahr zu Interviews gebeten.
Lukas Crepaz etwa blickt dabei auf den Digitalisierungsprozess, der auch bei den Salzburger Festspielen im Vorjahr durch die Pandemie einen Schub erhalten hat: Während die Besucherzahlen in den Festspielhäusern coronabedingt eingeschränkt gewesen seien, habe man mit der Initiative, täglich eine Festspielproduktion live oder live zeitversetzt aus Salzburg zu senden, allein auf der Plattform von Arte Concert eine Million Zuseher aus aller
Welt gewonnen. Dennoch bleibe es der Kernauftrag des Festivals, das Live-Erlebnis zu ermöglichen.
Bei der Frage, welchen Stellenwert Bewegtbild-Angebote auch für ein Zeitungshaus entwickeln, verweist Maximilian Dasch auf aktuelle Konzertprojekte, die in Zusammenarbeit mit Salzburger Kulturinstitutionen auf der Internetseite der
SN gestreamt werden, und auf die Gesprächsreihe „SN live und direkt“, in der Experten zu aktuellen Themen vor der Kamera zu Wort kommen. Ein breiter digitaler Auftritt sei für die Zeitung „ein wesentlicher Aspekt der Gegenwart und ein noch größerer der Zukunft“.
Für Salzburgs Gegenwart als Standort der Film- und TV-Wirtschaft weist der jüngste „Filmwirtschaftsbericht Österreich“eine bemerkenswerte Bilanz aus: „Seit mehreren Jahren wird die Gesamtentwicklung
des Bereichs der Produktion von Kino- und Fernsehfilm durch die Zahlen eines einzelnen Bundeslands, nämlich Salzburg, geprägt“, heißt es darin.
Obwohl Salzburg nur sechs Prozent der Unternehmen (und 19 Prozent der Beschäftigten) aufweise, die in der Film- und TV-Produktion tätig seien, zeichne das Bundesland für 52 Prozent der Erlöse und Erträge sowie 81 Prozent der Bruttoinvestitionen der Branche verantwortlich. Vor allem der Red-Bull-Konzern und Servus TV hätten Anteil an diesen Zahlen (die sich auf 2018 beziehen), heißt es in dem Bericht.
Obwohl sich Salzburg als Medienstandort in den vergangenen Jahren dynamisch entwickelt habe, müsse man sich die Frage stellen, mit welchen Schritten ein Wachstum künftig gesichert werden könnte, betont Schalle, der etwa im Bereich des Klassik-Streamings in der Festspielstadt noch ungenutzte Optionen sieht.
Der Digitalisierungsschub, den Corona mit sich gebracht habe, habe indes auch viele Lernprozesse in Gang gesetzt, sagt der Komponist und Produzent („Silent Night“, „Lauda“): Wer Live-Veranstaltungen ins Internet übersetzen wolle, „muss es schaffen, auch im visuellen Medium so zu überzeugen, dass die Zuschauer über den Bildschirm Gänsehaut bekommen“. Als Beispiel, wie Kultur aus Salzburg KlickBestnoten im weltweiten Netz erreichen könne, nennt er das von seiner Firma Moonlake koproduzierte Video eines 94 Sekunden langen, bisher unentdeckten Mozart-Stücks, das die Stiftung Mozarteum heuer zur Mozartwoche virtuell zur Uraufführung gebracht hat: „Es hatte die ideale Länge für das Social-Media-Format, war eine Weltpremiere, und wir konnten mit Bildern aus Salzburg punkten: In kurzer Zeit hatte das Video 700.000 Aufrufe.“