Ein Meistertänzer küsste Wien wach
ImPulsTanz-Mitgründer Ismael Ivo starb an den Folgen von Covid-19.
WIEN. Pina Bausch, Marina Abramović, William Forsythe und immer wieder Johann Kresnik: Die Namen jener, mit denen Ismael Ivo zusammenarbeitete, lesen sich wie das Who’s who des modernen Tanzes. Der brasilianische Ausnahmetänzer wurde auf der ganzen Welt gefeiert, in Wien aber wirkte er besonders nachhaltig.
1984 kam der Sohn eines Bauarbeiters und einer Putzfrau, der zuvor schon in New York auf sich aufmerksam gemacht hatte, nach Wien. Gemeinsam mit Karl Regensburger gründete er die Internationalen Tanzwochen. 1988 entwickelte sich daraus ImPulsTanz, das zum größten Tanzfestival Europas werden sollte. Als Ismael Ivo 2019 das Ehrenkreuz der Republik Österreich für Wissenschaft und Kunst verliehen wurde, bedankte er sich mit den Worten: „It’s possible to dream!“
Parallel zu seiner Arbeit als Choreograf und Festivalmacher begeisterte er als Tänzer, der Intellekt und Körperlichkeit markant kombinierte. Seine Interpretation des „Othello“in der Choreografie von Johann
Kresnik in Stuttgart setzte Maßstäbe, eine weitere Zusammenarbeit, „Francis Bacon“, begeisterte noch 2012 bei ImPulsTanz.
Eine frühe Arbeit von Kresnik und Ivo, die Szenenfolge „Phoenix“war 1989 bei der Salzburger „Maiszene“zu sehen: Die SN schwärmten von den „überaus vielfältigen Möglichkeiten, mittels körperlichen Ausdrucks Bedeutungen zu transportieren“. Bereits 1984 hatte er bei den „Tanzprojekten“der damaligen „Szene der Jugend“seine athletische Körperkunst erstmals an der Salzach präsentiert. Zuletzt war Ismael Ivo Co-Intendant des Opernhauses in São Paolo.
Am Donnerstag verstarb Ismael Ivo in seiner Heimatstadt 66-jährig an einer Coronainfektion. „Ismael Ivo hat Wien aus seinem tänzerischen Dornröschenschlaf erweckt und die Vorstellung aus dem 19. Jahrhundert, dass Wien tanzt, erneut Realität werden lassen“, sagte Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer. Und der langjährige Weggefährte Karl Regensburger kündigte an, Ismael Ivos beim diesjährigen Festival zu gedenken: „Er war noch nicht fertig mit all seinen Plänen.“