Nachfolge für Trafiken: Suche ist oft schwierig
Für den Job muss man mindestens 50 Prozent Behinderung aufweisen. Ein Trafikant erzählt, warum er seine Aufgabe 36 Jahre lang liebte.
Gern würde er noch weitermachen. „Aber ich kann nicht mehr. Es geht mir gesundheitlich wirklich schlecht“, sagt Manfred Kammerer. Der Trafikant trägt nach einer Krebserkrankung seit seinem elften Lebensjahr eine Beinprothese und wegen seiner Fehlhaltung ist die Wirbelsäule kaputt. „Ich könnte mir keinen besseren Beruf vorstellen als Trafikant. Mir macht es einfach Freude, den Leuten eine Freude zu machen“, so der 57-Jährige.
Seit seinem 20. Lebensjahr steht er in seiner kleinen Trafik in WienOttakring. „Ich habe es nie als Arbeit empfunden. Wir hatten keinen einzigen Tag geschlossen außer im Urlaub im Juli“, erzählt Kammerer voll Stolz. Er habe 80 Prozent Stammkunden, „es ist wie eine große Familie“. Vom Obdachlosen bis zum Generaldirektor, das Publikum sei sehr vielschichtig und er behandle alle Kunden gleich. Als Trafikant benötige man Feingefühl für die Sorgen und Wünsche der Menschen, gerade jetzt in der Pandemie, erzählt der 57-Jährige, der selbst nie geraucht hat. „Aber ich habe kein Problem damit, Zigaretten zu verkaufen. Jeder Mensch soll selbst entscheiden, was er tut.“
Im September geht Kammerer in Pension. Jetzt ist er gemeinsam mit der Monopolverwaltung GmbH (MVG) auf der Suche nach einem Nachfolger, der im besten Fall ebenso viel Leidenschaft mitbringt wie er. „Jede Geschäftsübergabe ist kompliziert. Wir unterstützen einerseits Menschen mit Behinderungen bei der Gründung einer neuen Existenz und helfen andererseits dem Trafikanten, der meist viele Jahre lang ein Geschäft betrieben hat und sich nun von der Trafik und seinen Stammkunden trennt, bei der Auflösung. Es geht um eine faire Übergabe“, sagt Hannes
Hofer, Geschäftsführer der MVG, die das staatliche Tabakmonopol verwaltet.
Derzeit werden von der Monopolverwaltung zehn Tabakfachgeschäfte in Wien und Niederösterreich neu vergeben. Die Ausschreibung läuft bis 22. April. In Österreich gibt es 2303 Trafiken, 43 Prozent davon werden von Frauen geführt (im Burgenland sogar 56 Prozent). Insgesamt ist die Zahl der Trafiken rückläufig, 41 wurden im Vorjahr nicht nachbesetzt.
Sozialpolitisches Ziel der MVG ist es, frei werdende Trafiken ausschließlich an Menschen mit mehr als 50 Prozent Behinderungsgrad zu vergeben. 1240 Trafikanten (knapp 54 Prozent) sind Unternehmer mit Behinderungen. Das heimische Monopol
ist somit die Plattform für das größte inklusive Unternehmernetzwerk Österreichs. „2020 ist durch die Unterstützung der MVG jeden sechsten Tag ein Mensch mit Behinderungen selbstständiger Unternehmer geworden“, erklärt Hofer. Die Palette der Beeinträchtigungen reicht von Sehbehinderungen über Transplantationen bis zu chronischen Erkrankungen.
„Interessenten sollten ein Zahlengefühl haben und kaufmännisch denken“, sagt Trafikant Kammerer. „Einnahmen sind nicht gleich Gewinn. Ich habe immer erst am Jahresende den Gewinn entnommen, um ja nicht in Schieflage zu geraten.“Jeder Anwärter muss zudem ein Tabakfachhändlerseminar und eine Abschlussprüfung positiv absolvieren. MVG-Chef Hofer zufolge ist auch die Finanzierung ein wichtiges Thema. Denn nur mit Kapitalgarantie, zumeist von einer Bank, könne man sich bewerben.
Wobei es für Menschen mit Behinderungen Förderungen vom Sozialministeriumservice gibt und die MVG bei der Finanzierung Beiträge aus dem Solidaritätsfonds gewähren kann. Gibt es für eine Trafik mehrere Interessenten, so legt das Tabakmonopolgesetz die Reihung fest: Die finanziell bedürftigste Person unter Bewerbern mit Behinderung bekommt die Trafik. Unter gleich bedürftigen Vorzugsberechtigten entscheidet der Grad der Behinderung. Unter Bewerbern gleichen Grades an Behinderung gebührt blinden Personen der Vorzug.