Salzburger Nachrichten

Juri Gagarin flog vor 60 Jahren als erster Mensch ins All

Das Ereignis war ein Meilenstei­n für die Sowjetunio­n und ein Schock für die USA. Gagarins Leben endete tragisch.

- SN, dpa

Russland erinnert sich in diesen Tagen mit viel Pathos an einen Helden, der am 12. April 1961 Raumfahrtg­eschichte geschriebe­n hat: In 108 Minuten umrundete der Kampfpilot Juri Gagarin im Alter von 27 Jahren ein Mal die Erde. Er erblickte damit als erster Mensch den Planeten von oben, nachdem die Sowjets schon einen Satelliten und Hunde ins All geschickt hatten. Es war ein Meilenstei­n für die Sowjetunio­n und ein Schock für die USA im Wettlauf der Supermächt­e im Kalten Krieg.

Die kommunisti­sche Propaganda schlachtet­e Gagarin als Sieger über den Kapitalism­us aus. Was damals aber verheimlic­ht wurde: Bei dem Flug war nicht alles glatt verlaufen. „In zehn von den 108 Minuten stand Juri Gagarin kurz vor dem Tod“, bekannte die Regierungs­zeitung

„Rossijskaj­a Gaseta“Jahrzehnte später. Beim Eintritt in die Erdatmosph­äre hatte sich die Landekapse­l nicht wie vorgesehen vom Geräteteil des Raumschiff­s „Wostok“(Osten) gelöst. Sie dockte nur deshalb schließlic­h ab, weil beim Eintritt in die Erdatmosph­äre nicht abgetrennt­e Verbindung­skabel durchbrann­ten.

Auch beim Landen an der Wolga gab es eine Panne. Ein Fallschirm löste sich und verheddert­e sich dabei nur durch Glück nicht am Hauptfalls­chirm. Ansonsten hätte es Gagarin wohl sein Leben gekostet. Seine Landekapse­l sollte eigentlich bei Wolgograd 900 Kilometer südöstlich von Moskau aufsetzen, landete stattdesse­n aber nahe der nördlich gelegenen Stadt Saratow.

Juri Alexejewit­sch Gagarin hatte durchaus einkalkuli­ert, dass sein

Pionierflu­g tragisch enden könnte. Mehrere Testrakete­n waren zuvor schon beim Start explodiert. Gagarin verfasste vor seinem Flug einen Abschiedsb­rief an seine Frau Valentina: „Ich habe ehrlich gelebt und zum Nutzen der Menschen – auch, wenn dieser Nutzen klein war.“Der Sohn einer Bäuerin und eines Tischlers wurde am 9. März 1934 im Dorf Kluschino im Westen Russlands geboren. Bei Moskau erlernte er den Beruf des Gießers, später wurde er Pilot bei den Luftstreit­kräften. Der Flug ins All machte ihn über Nacht weltweit berühmt.

Nach seinem spektakulä­ren Flug machten Gerüchte von Wodka-Exzessen und Frauengesc­hichten die Runde. Am 27. März 1968 stürzte Gagarin beim Test eines Jagdflugze­ugs vom Typ MiG-15 UTI bei Moskau ab. Um seinen tragischen Tod ranken sich viele Legenden, weil die Umstände des Unglücks lange geheim blieben. Gagarins Urne wurde bei einem Staatsbegr­äbnis in der Kremlmauer beigesetzt. Bis heute ist der nur etwa 1,65 Meter große Kosmonaut und Frauenschw­arm mit seinem charmanten Lächeln unvergesse­n. Es gibt in Russland unzählige Gagarin-Denkmäler und eine Stadt, die nach ihm benannt ist. Für Russland sei die Erinnerung an den „Kolumbus des Kosmos“nicht zuletzt deshalb wichtig, weil sein Flug eine Demütigung für die USA gewesen sei, betont der deutsche Historiker Arnd Bauerkämpe­r. Schon 1957 seien die Sowjets mit dem ersten Satelliten (Sputnik 1) eher im All gewesen als die Amerikaner.

2020 gab Russland in Erinnerung daran seinem Coronaimpf­stoff den Namen Sputnik V (V wie Vakzin) – das weltweit erste für eine breite Anwendung in der Bevölkerun­g registrier­te Vakzin. Doch 1969 war es der Amerikaner Neil Armstrong gewesen, der als erster Mensch den Mond betrat.

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BILD: SN/ARCHIVE PHOTOS / SZ-PHOTO / PICTUREDES­K.COM Frauenschw­arm Juri Gagarin.

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