Explosive Stimmung nach tödlicher Polizeigewalt
Erneut ist in Minneapolis ein Schwarzer bei einem Polizeieinsatz ums Leben gekommen. Der 20-jährige Daunte Wright wurde erschossen. US-Präsident Biden mahnt zur Ruhe.
WASHINGTON. Knapp ein Jahr später und nur ein paar Meilen weit von dem Ort entfernt, an dem George Floyd unter dem Knie eines weißen Polizisten starb, wiederholen sich fast identische Szenen. Wieder trauert eine schwarze Familie um einen Sohn, den eine Polizistin in dem 30.000-Seelen-Ort Brooklyn Center vor den Toren Minneapolis erschossen hat. Und wieder protestieren aufgebrachte Menschen gegen den exzessiven Gebrauch tödlicher Gewalt durch die Ordnungshüter.
„Das hätte zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt passieren können“, sagt Bürgermeister Mike Elliot, der mit US-Präsident Joe Biden die angespannte Lage nach dem Tod des 20-jährigen Daunte Wright am Telefon erörterte. Nur eine halbe Autostunde von hier geht der Mordprozess gegen Derek C., der sich vor einem Geschworenengericht für den Tod Floyds verantworten muss, auf die Zielgerade. Für kommenden Montag stehen die Schlussplädoyers an.
Der Bundesstaat hat bereits die Nationalgarde mobilisiert, um für Ruhe zu sorgen, falls die Jury den weißen Polizisten freispricht oder wegen geringerer Tatbestände als Mord oder Totschlag verurteilt. Und jetzt das. „Wir sind kollektiv zerstört“, beschreibt Bürgermeister Elliot die Stimmungslage seiner Gemeinde, die auf zwei Nächte mit Protesten und Plünderungen blickt.
US-Präsident Joe Biden rief am Montag zur Ruhe auf. „Friedlicher Protest ist verständlich“, sagte er. Für Gewalt gebe es aber „absolut keine Rechtfertigung“.
Die für den tödlichen Schuss verantwortliche Polizistin und der Polizeichef von Brooklyn Center, Tim Gannon, traten am Dienstag zurück. Damit beginne hoffentlich eine neue Phase, sagte Bürgermeister Elliot.
Die Polizistin hatte am Sonntag bei einer Verkehrskontrolle auf den Afroamerikaner Wright geschossen. Der 20-Jährige war in die Kontrolle geraten, weil die Zulassung seines Wagens abgelaufen gewesen war. Bei der Überprüfung seiner Personalien hätten die Polizisten dann festgestellt, dass gegen ihn ein Haftbefehl wegen eines „groben Vergehens“vorliegt.
Der zurückgetretene Polizeichef Gannon erklärte zuletzt, die Polizistin habe den Schuss versehentlich abgegeben. Sie habe statt eines Elektroschockers (Taser) irrtümlich ihre Pistole gezogen. Gannon zeigte bei einer Pressekonferenz Aufnahmen der Kameras, die die Polizisten am Körper trugen. Sie zeigen, wie sich Wright aus dem Griff der Polizisten löst und wieder in sein Auto steigt. Die Polizistin ruft darauf „Taser, Taser, Taser“, hat aber eine Pistole in der Hand.
Laut Autopsie starb der unbewaffnete 20-Jährige infolge einer Schusswunde im Brustbereich.