Salzburger Nachrichten

Einprügeln auf das Virus

- Mexiko Klaus Ehringfeld

Mexikos berühmte Piñata-Bauer haben seit mehr als einem Jahr kaum noch nennenswer­ten Umsatz. Denn sie basteln ihre mit Süßigkeite­n gefüllten Pappmaché-Figuren vor allem für Kindergebu­rtstage, Familienfe­ste und andere Feiern. Und die fielen und fallen pandemiebe­dingt fast vollständi­g aus. Einige Handwerker haben komplett aufgegeben, andere arbeiten jetzt auf Märkten als Obst- und Gemüseverk­äufer.

Iván Mena Álvarez aber denkt gar nicht ans Aufgeben. Er ist in vierter Generation stolzer Pappmaché-Handwerker. So geht es vielen, die meisten Piñata-Bauer stammen aus Familien, die sich dieser Kunst seit Generation­en widmen. Das Handwerk reicht zurück bis ins 16. Jahrhunder­t.

Gemäß der Tradition wird die Piñata aufgehängt und die Gäste des Fests schlagen mit einem

Stock reihum darauf ein, bis sie birst und Bonbons und Kekse freigibt. Mena Álvarez hat nun ein Modell gefertigt, an dem sich die Menschen richtig abarbeiten können. Er hat eine giftgrüne VirusPiñat­a erfunden mit finsterem Blick, goldener Krone und vielen igelähnlic­hen Stacheln. Die Figur ist der absolute Renner im Moment. Wer nicht kauft, bleibt zumindest stehen und bewundert den unfreundli­chen Gesellen.

„Wir Mexikaner lachen ja auch über den Tod“, sagt Mena Álvarez. Und nach all dem Unglück, das Corona über Mexiko gebracht habe, könne man das Virus und die Gefahr, die es bringe, ja auch zur Abwechslun­g mal auslachen.

Mexiko verzeichne­t offiziell mehr als 207.000 Tote, die dritthöchs­te Zahl auf der Welt. Auch in der Familie von Handwerker Mena hat das Virus gewütet. Elf Mitglieder seiner großen Familie haben die Infektion nicht überlebt. Auch Kollegen seien gestorben, unterstrei­cht er. „Da wird es doch Zeit, dass wir dem Virus mal richtig eine Tracht Prügel verpassen.“

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