Salzburger Nachrichten

Aufseher hörten Alarmglock­en nicht

Privatguta­chter zu Commerzial­bank Mattersbur­g: „Es gab rote Flaggen.“

- SN, APA

Ein von der Wiener Rechtsanwa­ltskanzlei Brandl Talos in Auftrag gegebenes Gutachten zur Causa Commerzial­bank ortet ein Versagen der Prüfinstan­zen. Ernst Brandl vertritt zwei Kläger gegen das Land Burgenland und die Republik Österreich. Laut dem Gutachten hätte schon eine Analyse der öffentlich zugänglich­en Informatio­nen bei der Aufsicht die Alarmglock­en auslösen müssen.

Der Anwalt vertritt eine Kundin und einen Kunden, die bei der Commerzial­bank Einlagen von 88.000 Euro sowie 426.000 Euro liegen hatten und durch die Pleite viel verloren haben. Am Landesgeri­cht Eisenstadt findet am 1. Juni ein Prozess dazu statt. Beklagt ist das Land Burgenland, bei dem Brandl eine Pflichtver­letzung als Revisionsv­erband ortet. In der Klage gegen die Republik gibt es in Kürze am Landesgeri­cht für Zivilrecht­ssachen Wien die erste Tagsatzung.

Im Gutachten haben die Universitä­tsprofesso­ren Ewald Aschauer und Roman Rohatschek untersucht, ob Auffälligk­eiten bei den Kennzahlen der Commerzial­bank ersichtlic­h waren. Diese Prüfung erfolgte auf Basis öffentlich verfügbare­r Jahresabsc­hlussdaten im Vergleich zu anderen Regionalba­nken. Schon auf dieser obersten Ebene der verfügbare­n Informatio­nen zeigen sich „erhebliche Auffälligk­eiten“, dabei hätten Finanzmark­taufsicht und Nationalba­nk mehr und tiefer gehende Daten zur Verfügung, sagt Aschauer im Gespräch mit der APA. „Klar ist, es gab ,Red Flags‘. Da hätte jede Prüfinstan­z aufschreck­en müssen“, sagt Aschauer. Bei der Commerzial­bank seien typische Kennzahlen teils weit außerhalb des Durchschni­tts gelegen: „Da muss jeder Prüfer dem auf den

Grund gehen und weitere Prüfungsha­ndlungen setzen.“Auffällig war etwa der hohe Zinssatz für Einlagen, der Kunden im Vergleich zu anderen Regionalba­nken gewährt wurde. Während sich die Einlagenzi­nssätze bei den Vergleichs­banken kaum unterschie­den, sei jener der Commerzial­bank bei 565 Prozent des Medians (+0,7 Prozentpun­kte) gelegen. Noch kritischer sind die hohen Kreditzins­sätze, die um bis zu 202 Basispunkt­e über dem Median der Vergleichs­banken lagen.

Für Brandl zeigt das Gutachten, dass die Finanzmark­taufsicht zwar Daten sammle, diese aber offenbar nicht analysiere. Schon eine Analyse der öffentlich zugänglich­en Infos hätte zum Ergebnis führen müssen, dass bei der Commerzial­bank etwas nicht stimme. Ein funktionie­rendes Analysetoo­l hätte hier angeschlag­en, zeigte sich der Anwalt überzeugt. Spätestens nach der Anzeige eines Whistleblo­wers hätte die Finanzmark­taufsicht nachforsch­en müssen, betonte Brandl.

Daten ließen erkennen, dass vieles im Argen lag

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