Ein menschlich moralisches Versagen
Es ist ein menschlich moralisches Versagen – aber nicht das des Gesundheitsministers, sondern das einer Regierung, die mit moralischen Ansprüchen und Erneuerungsversprechen angetreten ist und seither keine Gelegenheit verpasst, diese Ansprüche zu verletzen und zu verraten. Das Allertraurigste daran: dass der Großteil der Wählerschaft diese Verlogenheit entweder nicht sieht oder sogar gutheißt.
Kurz hat die Balkanroute geschlossen und hat es verstanden, menschliches Leid und menschliche Tragödien auszusperren, um den Österreichern und den Europäern die Illusion des Wohlstands, der Sicherheit und des Friedens zu erhalten. Kurz hat sich geweigert, hilfsbedürftige Mütter mit ihren Kindern aus den desaströsen Verhältnissen der griechischen Flüchtlingslager herauszunehmen, und hat dieses mit der Gefahr einer nicht zu kontrollierenden Sogwirkung auf weitere potenzielle Flüchtlinge begründet. Kurz ließ gut integrierte Flüchtlingsfamilien mit dem Einsatz polizeilicher Gewalt abschieben, ohne sich die Frage nach mitmenschlicher Verantwortung zu stellen, und hat stattdessen die Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit als Alternativszenario ins Spiel gebracht.
Kurz hat jede politische und moralische Unterstützung einem Gesundheitsminister verweigert, der an der Grenze seiner körperlichen Ressourcen einen Kampf gegen Populismus, Hass und gegen eine per se uneinschätzbare Pandemie geführt hat.
Der Rücktritt Anschobers ist die Kapitulation vor einer herabgekommenen Politmoral, die der Kanzler und sein Kreis zu verantworten haben und die nicht erst mit Ibiza begonnen hat. Dipl.-Ing. Dr. Peter Thuswaldner
5400 Hallein